Leitsatz

  1. Begleitet ein Pfarrer Angehörige einer Pfarrei auf ihrer Pilgerwallfahrt nach Rom und übernimmt er dabei deren seelsorgerische Betreuung, sind die entsprechenden Aufwendungen als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit abziehbar.
  2. Nimmt ein Pfarrer an einer sog. Tertiatskursfahrt von Geistlichen nach Jordanien teil, kann der Umstand, dass er zur Teilnahme dienstlich verpflichtet ist, die berufliche Veranlassung maßgeblich indizieren.
 

Sachverhalt

Der als katholischer Pfarrer nichtselbstständig tätige K nahm an einer 8-tägigen Pilgerwallfahrt nach Rom sowie an einer 11-tägigen Tertiatskursfahrt von Seelsorgern nach Jordanien teil.

Letztere war nach den Regelungen der Diözese eine verpflichtende Fortbildung.

Beide Reisen enthielten auch touristische Elemente.

K machte die in Rom entstandenen Übernachtungskosten (pauschal 7 × 82 EUR) sowie die Kosten der Tertiatskursfahrt (1.398 EUR) geltend.

Finanzamt und FG ließen die Aufwendungen unberücksichtigt.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Entscheidung des FG auf und verwies die Sache zurück. Während das FG noch auf Basis der alten Rechtslage im Wesentlichen mit der Begründung entschieden hatte, bei den Reisen liege eine private Mitveranlassung von nicht ganz untergeordneter Bedeutung vor, geht der BFH vom Beschluss des Großen Senats zur Aufgabe des Aufteilungs- und Abzugsverbots aus.

Aufwendungen für (nahezu) ausschließlich der beruflichen Sphäre zuzuordnende Reisen, denen ein unmittelbarer oder weitaus überwiegender beruflicher Anlass zugrunde liegt und bei denen die Verfolgung privater Interessen nicht den Schwerpunkt bildet, sind im vollen Umfang Werbungskosten. Gemischt veranlasste Bildungsreisen begründen im beruflich veranlassten Umfang anteilig abziehbare Werbungskosten.

Vor diesem Hintergrund hat das FG folgende Maßgaben im zweiten Rechtsgang zu beachten: Hinsichtlich der Romreise besteht Aufklärungsbedarf; es kommt auf den Einwand von K an, es gehöre zu seinen dienstlichen Aufgaben, Pilgerwallfahrten von Pfarreiangehörigen seelsorgerisch zu begleiten. Dann wäre ein unmittelbarer beruflicher Anlass der Reise nicht von der Hand zu weisen.

Für die Jordanienreise gelten die (alten) Abgrenzungsmerkmale für Auslandsgruppenreisen, nämlich fachliche Organisation, Programm mit Zuschnitt auf die besonderen beruflichen Bedürfnisse der Teilnehmer, homogener Teilnehmerkreis, verpflichtende Teilnahme.

Sollte das FG zu dem Ergebnis gelangen, dass auch nennenswerte private Gründe für die Teilnahme an den Reisen bestanden haben, ist dann anhand objektiver Kriterien nach beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträgen abzugrenzen.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 9.12.2010, VI R 42/09.

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