Leitsatz

  1. Zur Klärung der Veranlassungsbeiträge bei Teilnahme an einer Auslandsgruppenreise gelten auch nach der Entscheidung des Großen Senats des BFH v. 21.09.2009, GrS 1/06, die früher von ihm entwickelten Abgrenzungsmerkmale grundsätzlich weiter.
  2. Haben nicht nur berufliche Gründe den Steuerpflichtigen bewogen, die Reisekosten zu tragen, ist zu prüfen, ob die beruflichen und privaten Veranlassungsbeiträge voneinander abgrenzbar sind.
  3. Im Fall der Abgrenzbarkeit sind die Reisekosten in Werbungskosten und Aufwendungen für die private Lebensführung aufzuteilen. Als sachgerechter Aufteilungsmaßstab kommt vor allem das Verhältnis der beruflich und privat veranlassten Zeitanteile in Betracht.
 

Sachverhalt

K, Gymnasiallehrerin für Englisch und Religion, nahm 1998 zusammen mit anderen Englischlehrern unter Dienstbefreiung an einer ca. einwöchigen Fortbildungsreise für Englischlehrer nach Irland teil.

Die Reise umfasste u.a. Stadtführungen in Dublin und Belfast, diverse Seminare, Besichtigungen eines Gefängnisses, des Parlaments und einer Schule sowie verschiedene kulturelle Veranstaltungen.

K machte hierfür 2.328,50 DM als Werbungskosten geltend.

Das Finanzamt ließ die Aufwendungen unberücksichtigt. Das FG wies die Klage ab, weil die Sprachreise nicht ausschließlich beruflich veranlasst sei.

 

Entscheidung

Der BFH hob die Vorentscheidung auf und verwies die Sache an das FG zurück.

Dieses hat unter Berücksichtigung der vom Großen Senat vorgegebenen Rechtsprinzipien erneut zu prüfen, ob eine gemischt veranlasste Reise vorlag und ob die Kosten hierfür gegebenenfalls teilweise als Werbungskosten abzuziehen sind.

 

Hinweis

Bis zur Entscheidung des Großen Senats waren Aufwendungen für Reisen im Wesentlichen nur dann Werbungskosten, wenn die Reise (nahezu) ausschließlich beruflich veranlasst war. Kosten gemischt veranlasster Reisen waren nicht aufzuteilen, sondern unterlagen grundsätzlich dem Abzugsverbot.

Nach dem Beschluss des Großen Senats sind Aufwendungen für Reisen, die abgrenzbare berufliche und private Anteile enthalten, grundsätzlich aufzuteilen, sofern die berufliche oder private Veranlassung nicht von untergeordneter Bedeutung ist. Sachgerechter Aufteilungsmaßstab kann das Verhältnis der beruflichen und privaten Zeitanteile der Reise sein. Das unterschiedliche Gewicht der verschiedenen Veranlassungsbeiträge kann es im Einzelfall erfordern, einen anderen Aufteilungsmaßstab heranzuziehen oder von einer Aufteilung ganz abzusehen. Die Anwendung dieser Grundsätze führt zur Aufhebung der noch der alten Rechtsprechung folgenden Vorentscheidung. Im 2. Rechtsgang hat das FG den Sachverhalt erneut, nun anhand der Vorgaben des Großen Senats zu prüfen.

In einer weiteren Entscheidung vom 21.04.2010 (VI R 66/04) ist der BFH in Anwendung der vom Großen Senat aufgestellten Rechtsgrundsätze dem FG darin gefolgt, dass Aufwendungen für eine gemischt veranlasste Reise und Fortbildungsveranstaltung eines Unfallarztes zur Erlangung der Zusatzbezeichnung "Sportmedizin" zu je 50 % beruflich bzw. privat veranlasst sind.

Das FG hatte die sportmedizinischen Veranstaltungen der beruflichen Sphäre, die sportpraktischen Veranstaltungen der privaten Lebensführung zugeordnet, da es sich um populäre Sportarten in einem Urlaubsgebiet gehandelt hatte.

Der BFH hat aber offen gelassen, ob diese Würdigung zwingend war, weil die Tatsachenwürdigung des FG revisionsrechtlich nicht angreifbar ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 21.04.2010, VI R 5/07.

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