Leitsatz

Die berufliche Veranlassung eines Darlehens wird nicht zwingend dadurch ausgeschlossen, dass der Darlehensvertrag mit dem alleinigen Gesellschafter-Geschäftsführer der Arbeitgeberin (GmbH) statt mit der insolvenzbedrohten GmbH geschlossen worden und die Darlehensvaluta an diesen geflossen ist. Maßgeblich sind der berufliche Veranlassungszusammenhang und der damit verbundene konkrete Verwendungszweck des Darlehens.

 

Sachverhalt

Ein Arbeitnehmer war als Baustellenleiter bei einer GmbH beschäftigt, deren alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer B war. 1996 gewährte er dem geschäftsführenden Gesellschafter seiner Arbeitgeberin ein Darlehen in Höhe von 50000 DM. Der Darlehensbetrag wurde dem Bankkonto des B gutgeschrieben und von diesem in Höhe eines Teilbetrags von 30000 DM auf ein Konto der GmbH weitergeleitet. Nachdem der in 1997 gestellte Antrag auf Eröffnung des Konkursverfahrens über das Vermögen der GmbH mangels Masse abgewiesen worden war, machte der Arbeitnehmer die 50000 DM als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit geltend, da das Darlehen aus beruflichen Gründen zur Sicherung seines Arbeitsplatzes hingegeben worden sei. Finanzamt und FG lehnten einen Werbungskostenabzug ab. Das FG beanstandete insbesondere, dass der Darlehensbetrag weder dem Arbeitgeber (der GmbH) noch der im Rahmen einer Betriebsaufspaltung hinter der GmbH stehenden, mit eigenem Betriebsvermögen ausgestatteten Einzelfirma (Besitzgesellschaft) gewährt worden war, sondern ausdrücklich B persönlich ohne Bestimmung eines Verwendungszwecks. Der BFH hat das Urteil aufgehoben. Die bisherigen Feststellungen des FG trügen nicht dessen Schlussfolgerung, dass der wirtschaftliche Verlust der Darlehensforderung nicht zu Werbungskosten führe.

Sind einem Arbeitnehmer Aufwendungen durch den wirtschaftlichen Verlust einer Darlehensforderung entstanden, ist dem Gesetz nicht zu entnehmen, wann ein Werbungskostenabzug bei den Lohneinkünften oder den Einkünften aus Kapitalvermögen möglich ist. Bei der Hingabe eines Darlehens stehen die Einkünfte aus Kapitalvermögen im Vordergrund, wenn es dem Steuerpflichtigen auf die Zinsen ankommt. In diesem Fall scheidet bei Verlust der Darlehensforderung ein Werbungskostenabzug aus. Demgegenüber ist der Verlust einer Darlehensforderung als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbstständiger Arbeit zu berücksichtigen, wenn ein Arbeitnehmer das Risiko des Darlehensverlustes aus beruflichen Gründen bewusst auf sich genommen hat. Indiz für die Annahme beruflicher Gründe ist z.B., dass ein Außenstehender, insbesondere eine Bank, mit Rücksicht auf die Gefährdung der Darlehensforderung das Darlehennicht gewährt hätte. Dabei kann ein beruflicher Grund für die Übernahme des Risikos des Darlehensverlustes bejaht werden, wenn der Arbeitnehmer nahezu ausschließlich die Sicherung seines bestehenden oder die Erlangung eines höherwertigen Arbeitsplatzes anstrebte. Verbleibende Zweifel an der beruflichen Veranlassung gehen zu Lasten des Arbeitnehmers, der insoweit die Feststellungslast trägt.

Ist nach Abwägung aller Umstände eine berufliche Veranlassung der Darlehenshingabe zu bejahen, kann der Werbungskostenabzug nicht mit der Begründung versagt werden, dass ein anderer als der Arbeitgeber nach dem Darlehensvertrag (formal) Darlehensnehmer und unmittelbarer Empfänger der Darlehensvaluta ist.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 7.2.2008, VI R 75/06.

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