Leitsatz

  1. Aufwendungen von Lehrern für Snowboardkurse können als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit abziehbar sein, wenn ein konkreter Zusammenhang mit der Berufstätigkeit besteht. Dies ist im Rahmen einer Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls zu bestimmen.
  2. Im Rahmen dieser Gesamtwürdigung können die in dem BFH-Urteil vom 26.8.1988 (VI R 175/85, BStBl II 1989, S. 91) genannten Merkmale für die berufliche Veranlassung von Aufwendungen für Skilehrgänge Beweisanzeichen (Indizien) für den im Einzelfall maßgeblichen Veranlassungszusammenhang sein.
 

Sachverhalt

Ein Gymnasiallehrer mit den Fächern Sport und Biologie, der die Arbeitsgemeinschaft Wintersport leitete und diesbezügliche Klassenfahrten organisierte und betreute, nahm in den Herbstferien des Streitjahrs 1997 an einem einwöchigen Kurs Snowboardfahren im Schulsport in Österreich teil, der von einem Ski-Lehrerverband und dem Niedersächsischen Landesinstitut für Fort- und Weiterbildung im Schulwesen durchgeführt wurde. Sämtliche Teilnehmer waren niedersächsische Sportlehrer. Der Kurs richtete sich an Snowboard-Anfänger mit Vertrautheit im alpinen Skilauf und vermittelte neben praktischen auch theoretische Kenntnisse insbesondere im Umgang mit Schülergruppen. Das Finanzamt erkannte die Aufwendungen (730 DM Kursgebühr, 140 DM Snowboardmiete, 264 DM Bahnfahrt) nicht als Werbungskosten an. Das FG gab der Klage hiergegen statt. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidung

Der BFH gibt zunächst die Grundsätze wieder, wann Bildungsaufwendungen als beruflich veranlasst anzusehen sind und wann dies nicht nur für reine Kursgebühren, sondern auch für die Kosten des auswärtigen Aufenthalts gilt. Sodann knüpft er an seine Rechtsprechung zum Erwerb einer Schulskileiter-Lizenz bei Lehrern an. Dort wurde eine Reihe von Indizien für einen beruflichen Bezug aufgestellt: Erteilen von Sportunterricht, homogener Teilnehmerkreis, Veranstaltung durch einen anerkannten Verband oder die Schulverwaltung, Sonderurlaub, inhaltliche Ausrichtung auf die Vermittlung von Fähigkeiten an Schülergruppen, Lehrgangsabschluss durch Prüfung mit diesbezüglichem Zertifikat, Verwendung der erworbenen Fähigkeiten im Lehrberuf und – als negatives Merkmal – der teilnehmende Lehrer darf nicht selbst Anfänger sein. Unter Anwendung dieser Merkmale, allerdings bei Verzicht auf wesentliche Elemente, sah der BFH die Einzelfallwürdigung des FG als vertretbar an, dass der Kurs nebst Reisekosten beruflich veranlasst war. Bei der ganztägigen Kursdauer von 9.00 bis 18.00 Uhr stehe auch § 12 Nr. 1 Satz 2 EStG dem Abzug nicht entgegen.

 

Praxishinweis

Neu an der Entscheidung ist, dass der BFH nun auf die durch ein Zertifikat bescheinigte erfolgreiche Abschlussprüfung verzichtet und es für unschädlich hält, wenn der Lehrer zuvor Anfänger war. Das sind aber neben den mehr formalen Kriterien die maßgebenden Umstände, die Schlüsse darauf zulassen, ob der Betreffende den behaupteten Unterricht wirklich erteilen kann. Ein Anfänger hat dazu weder die Autorität noch die Fähigkeiten, insbesondere nicht zur Vermittlung an Jugendliche, von denen der eine oder andere seinen "Lehrer" nur mit Belustigung zur Kenntnis nehmen wird. Wer den Unterschied zwischen Skifahrer und -lehrer nicht kennt, kann sich bei entsprechenden Ausbildungseinrichtungen kundig machen. Was das FG von der Sache verstanden hat, sieht man daran, dass es meinte, Snowboardfahren sei nur eine Ergänzung zum schon beherrschten alpinen Skilauf. Vermutlich kann ein solcher Lehrer dann auch Curling oder Eiskunstlauf unterrichten, zumal im Flachland Ski auch in Hallen gefahren wird.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 22.6.2006, VI R 61/02

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?