Leitsatz
- Die Zinsen, die ein Steuerpflichtiger zum Erwerb einer wesentlichen Beteiligung i.S.v. § 17 EStG aufwendet, können regelmäßig bis zur Veräußerung der Beteiligung oder bis zum Eintritt der Vermögenslosigkeit bzw. bis zur Löschung der Kapitalgesellschaft im Handelsregister als Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen abgezogen werden. Weder die Einstellung der werbenden Tätigkeit der Kapitalgesellschaft noch ihre Überschuldung beenden für sich gesehen diese Möglichkeit.
- Zu den Folgen eines im falschen Veranlagungszeitraum berücksichtigten (Auflösungs-)Verlusts für den Verlustabzug nach § 10 d EStG.
Sachverhalt
K erwarb im Juni 1991 für 500000 DM einen Anteil von 20000 DM am Stammkapital (50000 DM) einer im Februar 1991 gegründeten GmbH. Den Kaufpreis hatte K in vollem Umfang fremdfinanziert und sich zudem selbstschuldnerisch unbegrenzt für Gesellschaftsschulden verbürgt. Gewinnausschüttungen der bereits 1992 überschuldeten und in permanenten Zahlungsschwierigkeiten befindlichen GmbH erhielt er zu keiner Zeit. Die GmbH stellte im März 1993 ihre Tätigkeit ein und wurde 1995 im Handelsregister gelöscht. Im April 1993 nahm die Bank den K aus seiner Bürgschaft in Anspruch. Bei der Veranlagung erkannte das Finanzamt zwar die auf die Bürgschaft geleisteten Zahlungen und die Anschaffungskosten für die Beteiligung als Liquidationsverlust nach § 17 Abs. 4 EStG im Jahr 1993 an, lehnte es aber ab, die in den Streitjahren 1992 bis 1994 gezahlten Schuldzinsen zu berücksichtigen. Da die ESt-Schuld für diese Jahre jeweils 0 DM betrug, begehrte K im Rahmen der gesonderten Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs nach § 10 d Abs. 3 EStG, die Schuldzinsen entsprechend zu berücksichtigen. Die nach erfolglosem Einspruchsverfahren erhobene Klage hatte keinen Erfolg.
Entscheidung
Der BFH gab der Revision teilweise statt. Nach seiner Auffassung war der verbleibende Verlustabzug für die Streitjahre um die in diesen Jahren gezahlten Schuldzinsen zu erhöhen. Denn Zinsen, die ein Steuerpflichtiger zum Erwerb einer wesentlichen Beteiligung i.S.v. § 17 EStG aufwendet, sind nach ständiger Rechtsprechung unabhängig davon, ob die Zinsaufwendungen durch entsprechende Einnahmen gedeckt sind und ob überhaupt Einnahmen durch Gewinnausschüttungen erzielt werden, Werbungskosten bei den Einkünften aus Kapitalvermögen. Selbst wenn weder Kapitalerträge noch Wertsteigerungen der Beteiligung zu erwarten sind, entfällt der Schuldzinsenabzug nur für den Fall, dass die Beteiligung aus persönlichen Gründen begründet oder aufrechterhalten wird. Dafür sah der BFH im Streitfall keine Anhaltspunkte. Im Übrigen sind die Schuldzinsen so lange als Werbungskosten abziehbar, bis die Beteiligung veräußert wird bzw. bis die GmbH aufgelöst und vollbeendet ist. Da die Auflösung der GmbH erst 1995 mit ihrer Löschung im Handelsregister erfolgte, steht dem K der Schuldzinsenabzug für die Streitjahre 1992 bis 1994 zu. Der Umstand, dass die GmbH ihren Betrieb im März 1993 eingestellt hat, ändert daran nichts, da die Einstellung der Tätigkeit einer GmbH für sich gesehen noch nicht zur Auflösung der Gesellschaft führt. Ohne Bedeutung war für den BFH insoweit auch, dass die GmbH bereits vor ihrer Auflösung überschuldet war. Denn auch die Überschuldung einer Kapitalgesellschaft hat weder ihre Auflösung noch ihre Vollbeendigung zur Folge.
Der Auflösungsverlust hätte nach Auffassung des BFH wegen der 1995 erfolgten Löschung der GmbH erst in 1995 erfasst werden dürfen. Das Finanzamt hat den Auflösungsverlust jedoch bereits 1993 erfasst und insoweit den Verlustvortrag zu hoch festgestellt. Der zu hoch festgestellte Verlustvortrag bleibt dem Kläger aber erhalten, da es im Revisionsverfahren nicht zu einer Verböserung kommen darf.
Hinsichtlich der Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs zum 31.12.1992 sah sich der BFH zu einer abschließenden Beurteilung nicht im Stande. Er hat die Vorentscheidung insoweit aufgehoben und die Sache zurückverwiesen. Für dieses Jahr kann es zur Feststellung eines verbleibenden Verlustabzugs aber nur kommen, wenn nach Abzug der zurückzutragenden Beträge noch ein Verlust für die Folgejahre vorzutragen ist. Dazu muss das FG noch Feststellungen treffen. Für 1994 erhöht sich der verbleibende Verlustabzug um die in jenem Jahr gezahlten Schuldzinsen. Der Umstand, dass der Feststellungsbescheid zum 31.12.1993 wegen dem zu hoch festgestellten Verlustvortrag materiell-rechtlich unzutreffend ist, ändert daran nichts. Denn dieser Feststellungsbescheid ist als Grundlagenbescheid zu berücksichtigen und nicht Gegenstand des Verfahrens, in dem es um die vorrangige Ermittlung des Gesamtbetrags der Einkünfte 1994 geht.
Praxishinweis
Der BFH stellt mit seiner Entscheidung klar, dass Schuldzinsen, die ein Steuerpflichtiger zum Erwerb einer wesentlichen Beteiligung i.S.v. § 17 EStG aufwendet, bis zur Veräußerung der Beteiligung oder bis zum Eintritt der Vermögenslosigkeit bzw. zur Löschung der Kapitalgesellschaft im Handelsregister als Werbun...