Leitsatz

  1. Schafft der Anspruchsberechtigte ein vom Veräußerer hergestelltes bewegliches Wirtschaftsgut an, ist das Wirtschaftsgut nur dann neu i.S. des § 2 Satz 1 InvZulG 1991, wenn es noch nicht in Gebrauch genommen oder sonst verwendet worden ist und wenn der Veräußerer ein neues Wirtschaftsgut hergestellt hat.
  2. Eine unter Verwendung gebrauchter und neuer Bauteile hergestellte Maschine ist als neu zu beurteilen, wenn der Teilwert der gebrauchten Bauteile 10 % des Teilwerts der Maschine nicht übersteigt. Wieder verwendete neuwertige Bauteile, die dem Standard neuer Bauteile entsprechen oder verschleißfrei sind und nach Fertigstellung des Wirtschaftsguts nicht von neuen Bauteilen zu unterscheiden sind, sind jedenfalls dann nicht den gebrauchten Bauteilen zuzurechnen, wenn der Verkaufspreis der Maschine von dem Anteil der verwendeten neuen und neuwertigen Bauteile unabhängig ist.
 

Sachverhalt

Der Investor schaffte 1992 eine "werksüberholte" Formatbearbeitungs- und Kantenleimmaschine für rund 650000 DM an. Die Maschine wurde vom Hersteller nach dem Anforderungsprofil des Investors entwickelt und zusammengebaut. Dabei verwendete der Hersteller Komponenten aus vollständig zerlegten, von anderen Kunden zurückgegebenen Maschinen, deren verwendbare Teile zwischengelagert und in neu aufgebaute Maschinen eingesetzt werden. Das Finanzamt versagte die Zulage mit der Begründung, bei der Maschine handele es sich wegen des Einbaus von Altteilen nicht um ein neues Wirtschaftsgut.

 

Entscheidung

Ein aus gebrauchten Teilen zusammengesetztes Wirtschaftsgut ist grundsätzlich nicht neu und damit nicht begünstigt, da es nicht geeignet ist, die Wettbewerbsfähigkeit des Betriebs zu fördern und außerdem ausgeschlossen werden soll, dass mehrere Personen für dasselbe Wirtschaftsgut die Fördervoraussetzungen erfüllen. Ein aus gebrauchten Altteilen hergestelltes Wirtschaftsgut kann daher nur ausnahmsweise als neu behandelt werden, wenn es durch Verwirklichung einer neuen Idee zu einem andersartigen Wirtschaftsgut umgestaltet wurde oder wenn es durch die neuen Teile geprägt wird und die Altteile wertmäßig von untergeordneter Bedeutung sind. Eine wertmäßig untergeordnete Bedeutung liegt vor, wenn der Teilwert der Altteile im Zeitpunkt der Herstellung 10 % des Teilwerts des hergestellten Wirtschaftsguts nicht überschreitet. Wichtig ist, dass "neuwertige" Teile nicht als gebraucht i.S. der 10 %-Regelung gelten. "Neuwertige" Bauteile sind gebrauchte Teile, die dem Standard neuer Teile entsprechen oder verschleißfrei sind. Da Finanzamt und -gericht abweichend hiervon auch die verschleißfreien Altteile den Gebrauchtteilen zugerechnet hatten und so zur Überschreitung der 10 %-Grenze gelangt waren, hob der BFH das Urteil auf und verwies die Sache an das FG zurück, um den Anteil der verschleißfreien Altteile festzustellen.

 

Praxishinweis

Nach Auffassung der Verwaltung gelten nicht als gebrauchte Wirtschaftsgüter i.S. der 10 %-Regelung "neuwertige Bauteile, die vom Hersteller neben gleichartigen neuen Bauteilen in einem Produktionsprozess wieder verwendet werden, wenn der Verkaufspreis des hergestellten Wirtschaftsguts unabhängig vom Anteil der bei der Herstellung verwendeten neuen und neuwertigen Bauteile ist"[1]≫. Es erscheint zweifelhaft, ob die Abhängigkeit des Verkaufspreises von dem Anteil der neuen und neuwertigen Bauteile ein geeignetes Kriterium für die Abgrenzung gebrauchter von neuen Wirtschaftsgütern ist. Jedenfalls rechtfertigt die Tatsache, dass der Verkaufspreis einer teilweise unter Verwendung verschleißfreier Altteile hergestellten Maschine unter dem einer neuen Maschine liegt, nicht, die verschleißfreien Altteile in die 10 %-Grenze einzubeziehen.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 15.7.2004, III R 6/03

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