Leitsatz

Erwirbt eine Gemeinde einen Teil der von ihr durch Aufstellung eines Bebauungsplans und Sicherung der Erschließung baureif gemachten Grundflächen, ist der beim Grundstücksveräußerer für die ihm verbleibenden und nunmehr baureifen Teilflächen eintretende Wertzuwachs grundsätzlich keine Gegenleistung der erwerbenden Gemeinde für ihren Grundstückserwerb.

 

Sachverhalt

Die Gemeinde G erwarb von Landwirt L verschiedene, insgesamt 9 350 qm große Teilflächen für 561 000 DM. Bei L verblieben Teilflächen von 4 933 qm. Dem lag eine Rahmenvereinbarung zugrunde, in der G ihre Absicht bekundet hatte, das gesamte Areal als Bauland auszuweisen und seine alsbaldige Bebauung sicherzustellen. Das Finanzamt setzte Grunderwerbsteuer nach einer Gegenleistung von 1720255 DM fest und berücksichtigte dabei neben dem Kaufpreis von 561000 DM auch die Wertsteigerung von 1159255 DM, die die bei L verbliebenen Flächen aufgrund der Baulandausweisung erfahren hatten. Dem folgte der BFH nicht.

 

Entscheidung

Nach § 9 Abs. 1 Nr. 1 GrEStG gilt als Gegenleistung u.a. der Kaufpreis einschließlich der vom Käufer übernommenen sonstigen Leistungen. Als sonstige Leistungen sind alle Verpflichtungen des Käufers anzusehen, die zwar nicht unmittelbar Kaufpreis für das Grundstück im bürgerlich-rechtlichen Sinne, aber gleichwohl Entgelt für den Erwerb des Grundstücks sind. Der Erwerb des Grundstücks und die Gegenleistung müssen kausal verknüpft sein. An einer solchen kausalen Verknüpfung zwischen dem Grundstückserwerb der G und dem Wertzuwachs der dem L verbleibenden Grundstücksflächen fehlt es hier. L empfängt den Wertzuwachs nicht als Entgelt für die an die G veräußerten Grundstücksflächen. G gewährt den aus der Baureifmachung folgenden Wertzuwachs nicht aufgrund einer gegenüber dem Veräußerer (vertraglich) übernommenen Pflicht zur Baureifmachung, sondern dieser ist lediglich Ausfluss einer öffentlich-rechtlichen Pflicht der G. Dies schließt es aus, die sich als Folge öffentlicher Maßnahmen ergebenden Wertzuwächse als Gegenleistung für den Erwerb von Grundstücken der Gemeinde zu behandeln.

Der Umstand, dass hier aufgrund der Rahmenvereinbarung zwischen G und L Geschäftsgrundlage (auch) die Baureifmachung und die damit verbundene Werterhöhung waren, ändert nichts an dem von G mit dem Grundstücksankauf verfolgten qualifizierten öffentlichen Interesse.

 

Praxishinweis

Etwas anderes kann u.U. dann gelten, wenn sich eine Gemeinde gegenüber einem Grundstücksveräußerer unter Verstoß gegen § 2 Abs. 3 BauGB und damit außerhalb der öffentlich-rechtlichen Verpflichtungen vertraglich zur Aufstellung von Bauleitplänen oder städtebaulichen Satzungen verpflichtet.

 

Link zur Entscheidung

BFH-Urteil vom 27.10.2004, II R 22/03

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