Leitsatz
Beim Vorliegen des Vermögensverfalls des Steuerberaters ist davon auszugehen, dass dadurch die Interessen seiner Auftraggeber gefährdet sind; nur in Ausnahmefällen ist ein Absehen von dem gebotenen Widerruf der Bestellung gestattet. Die Darlegungs- und Feststellungslast für diesen gesetzlichen Ausnahmetatbestand liegt bei dem betroffenen Steuerberater. Der Umstand allein, dass die steuerberatende Tätigkeit im Angestelltenverhältnis ausgeübt wird, reicht für den Entlastungsbeweis nicht aus.
Sachverhalt
Ein Steuerpflichtiger ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer Steuerberatungsgesellschaft in M (U-GmbH), für die er Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens gestellt hat. Außerdem ist er gesamtvertretungsberechtigter Geschäftsführer einer Wirtschafts- und Steuerberatungsgesellschaft mit Sitz in M (E-GmbH), wo er selbst auch wohnt und beruflich niedergelassen ist. Gesellschafter der E-GmbH sind ein Rechtsanwalt und eine Steuerberaterin, beide ansässig in B. Letztere ist neben dem Steuerpflichtigen die einzige weitere Geschäftsführerin.
Nachdem die Steuerberaterkammer erfahren hat, dass der Steuerpflichtige im Januar 2003 vor dem Amtsgericht die eidesstattliche Versicherung abgegeben hatte und in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden war und dass Steuerschulden in erheblicher Höhe sowohl des Steuerpflichtigen als auch der U-GmbH bestanden, widerrief sie die Bestellung als Steuerberater.
Der BFH gibt der Steuerberaterkammer recht. Der angefochtene Widerrufsbescheid ist rechtmäßig. Nach § 46 Abs. 2 Nr. 4 StBerG ist die Bestellung eines Steuerberaters zu widerrufen, wenn dieser in Vermögensverfall geraten ist, es sei denn, dass dadurch die Interessen der Auftraggeber nicht gefährdet sind. Dabei wird ein Vermögensverfall vermutet, wenn ein Insolvenzverfahren über das Vermögen des Steuerberaters eröffnet oder er in das Schuldnerverzeichnis eingetragen worden ist.
Nur ausnahmsweise kann vom Widerruf abgesehen werden. Erforderlich ist ein auf die konkrete Situation des Steuerberaters bezogener substantiierter und glaubhafter Vortrag, aufgrund dessen mit hinreichender Gewissheit die Gefahr ausgeschlossen werden kann, dass er seine Berufspflichten unter dem Druck seiner desolaten Vermögenslage verletzen wird. Der Umstand allein, dass die steuerberatende Tätigkeit im Angestelltenverhältnis ausgeübt wird, reicht für den Entlastungsbeweis nicht aus. Jedoch können arbeitsvertragliche Beschränkungen des Steuerberaters im Hinblick auf Treuhänder- oder Verwaltungsbefugnisse über Gelder oder sonstige Vermögenswerte der Mandanten im Einzelfall geeignet sein, den Entlastungsbeweis zu erbringen, wenn ihre Einhaltung vom Arbeitgeber wirksam kontrolliert werden kann. Eine wirksame Kontrollmöglichkeit ist vorliegend nicht gegeben, weil der in Vermögensverfall geratene Steuerpflichtige kein einfacher Angestellter der Steuerberatungsgesellschaft, sondern ihr Geschäftsführer und somit gegenüber den übrigen Angestellten vor Ort weisungsbefugt ist, während die ihm gegenüber weisungsberechtigten Gesellschafter nicht am Sitz der Gesellschaft, sondern in einer anderen Stadt ansässig sind.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 4.12.2007, VII R 64/06.