Tücke des Erbbaurechts
Nehmen beide Ehegatten in einem aus Anlass ihrer Scheidung durchgeführten Zugewinnausgleichsverfahren zunächst irrtümlich an, dass ein von ihnen auf einem Erbbaugrundstück gemeinsam errichtetes Haus in ihrem hälftigen Miteigentum steht, kann der tatsächlich allein erbbauberechtigte Ehegatte den anderen über die Tatsache seines Alleineigentums aufzuklären haben, wenn er während des Verfahrens von diesem Irrtum erfährt. Das hat das OLG Hamm jüngst entschieden.
Nachteiliger Teilvergleich
Die beteiligten Eheleute hatten im Jahr 1999 die Ehe miteinander geschlossen. Der Ehemann war Inhaber eines Erbbaurechts an einem örtlichen Grundstück, auf dem die Ehegatten nach der Heirat gemeinsam ein Einfamilienhaus mit einem heutigen Gesamtwert von ca. 236.000 EUR errichteten. Im Jahr 2012 trennte sich die Ehefrau vom Ehemann und zog mit den gemeinsamen 3 Kindern aus dem Haus aus. In dem in der Folgezeit durchgeführten Scheidungsverbundverfahren begehrte die Ehefrau u. a. den Zugewinnausgleich. Die insoweit angestellten Berechnungen beider Ehegatten gingen zunächst übereinstimmend davon aus, dass beide hälftige Miteigentümer des errichteten Hauses seien. Auf dieser Grundlage verständigten sich die Eheleute im Wege eines im Jahr 2014 abgeschlossenen Teilvergleichs darauf, dass der Ehemann gegen Zahlung von 15.000 EUR sämtliche vermögensrechtlichen Ansprüche der Ehefrau ausgleicht. Nach dem Abschluss des Vergleiches erfuhr die Ehefrau, dass ihr Mann alleiniger Inhaber des Erbbaurechts war. Dieser Umstand war dem Ehemann aus Anlass einer Überprüfung des Erbbaurechts einige Wochen vor dem Vergleichsabschluss bekannt, im Scheidungsverfahren dann aber von ihm nicht mitgeteilt worden. Nachdem der Ehefrau die tatsächlichen Eigentumsverhältnisse bekannt geworden waren, hat sie den Teilvergleich angefochten und die Fortsetzung des Zugewinnausgleichsverfahrens verlangt. Dem ist das Amtsgericht – Familiengericht – Ahaus mit dem angefochtenen Beschluss nicht gefolgt, weil es den Teilvergleich als wirksam angesehen hat.
Arglistige Täuschung
Die Beschwerde der Ehefrau war erfolgreich. Das OLG Hamm hat festgestellt, dass das erstinstanzliche Verfahren auf Ausgleich des Zugewinns fortzuführen ist. Den Teilvergleich habe die Ehefrau, so der Senat, wirksam angefochten. Beim Vergleichsschluss sei sie von ihrem Ehemann über ihr vermeintliches hälftiges Miteigentum an dem Haus – von dem die Eheleute zunächst über lange Zeit hinweg übereinstimmend ausgegangen waren – durch bewusst unterlassene Aufklärung arglistig getäuscht worden und deswegen zur Anfechtung berechtigt. Die ihm noch vor dem Vergleichsschluss bekannt gewordene Rechtstatsache, dass aufgrund seines alleinigen Erbbaurechts an dem Grundstück auch das Eigentum an dem hierauf gemeinsam errichteten Haus allein ihm zustehe, habe der Ehemann im vorliegenden Fall ungefragt offenbaren müssen. In der Annahme ihres hälftigen Miteigentums am Haus habe die Ehefrau einen erheblich geringeren Zugewinnausgleichsanspruch errechnet. Nachdem beide Eheleute im Verfahren über einen längeren Zeitraum und auch übereinstimmend von ihrem Miteigentum ausgegangen seien, sei die Ehefrau nicht mehr gehalten gewesen, diese Tatsache vor dem Vergleichsabschluss zu überprüfen.
(OLG Hamm, Beschluss v. 17.6.2016, 3 UF 47/15)