Prof. Dr. Edeltraud Günther, Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Ein Steuerbescheid, der vor dem maschinell aufgedruckten Absendedatum mit Postzustellungsurkunde zugestellt wird, ist wirksam bekannt gegeben.
Sachverhalt
Im Urteilsfall wurden Steuerbescheide, die das Datum 14.11.2005 sowie einen Stempelaufdruck "Zugestellt durch Postzustellungsurkunde" trugen, tatsächlich bereits am 7.11.2005 mit Postzustellungsurkunde zugestellt. Der Steuerpflichtige legte hiergegen Einspruch ein. Sein Einspruchsschreiben ging am 14.12.2005 ein, da er sich bei der Berechnung der Rechtsbehelfsfrist am maschinell aufgedruckten Bescheiddatum (14.11.2005) orientierte. Das Finanzamt verwarf den Einspruch als unzulässig, da nach Ablauf der Rechtsbehelfsfrist eingegangen.
Dieser Auffassung folgte der BFH jedoch nicht, denn der Wirksamkeit der Bescheide im Zeitpunkt ihrer Bekanntgabe am 7.11.2005 stand nicht entgegen, dass sie zeitlich vor dem in den Bescheiden angegebenen Datum bekannt gegeben wurden. Maßgebend hierfür ist der Bekanntgabewille, der sich aus der Aktenverfügung des Sachbearbeiters ergibt. Ist hieraus eindeutig ersichtlich, dass die Bescheide mit Postzustellungsurkunde am 7.11.2005 versandt werden sollten, kommt dem Datum, mit dem der Bescheid im Rechenzentrum versehen wird, bezüglich des Bekanntgabewillens keine Bedeutung zu.
Hat der Steuerpflichtige in einem derartigen Fall die Rechtsbehelfsfrist versäumt, ist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 110 AO) zu gewähren. Denn der Steuerpflichtige kann auch bei Bekanntgabe mit Postzustellungsurkunde davon ausgehen, dass der Bescheid regelmäßig nicht vor dem aufgedruckten Datum bekannt gegeben wird. Er kann daher darauf vertrauen, dass ein innerhalb eines Monats ab Bescheiddatum eingelegter Einspruch noch rechtzeitig ist. Die Nichtbeachtung der Zustellung durch Postzustellungsurkunde ist auch bei einem ausdrücklichen diesbezüglichen Hinweis auf dem Steuerbescheid ein entschuldbares Versehen.
Hinweis
Entschuldbar wäre im Übrigen auch die bei festgestelltem verfrühtem Zugang irrtümliche Annahme, das Datum des Bescheids sei gleichwohl für die Berechnung der Rechtsbehelfsfrist maßgebend.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 20.11.2008, III R 66/07.