Leitsatz
Besteht die Position eines Gesellschafters allein in der gebundenen Mitwirkung an einer inkongruenten Kapitalerhöhung, vermittelt sie kein wirtschaftliches Eigentum nach § 39 Abs. 2 Nr. 1 AO an einem Gesellschaftsanteil.
Sachverhalt
Ein Steuerpflichtiger erwarb im Juli 1999 zunächst einen Geschäftsanteil von 12,6 % an der K GmbH von der H GmbH. Das Stammkapital der K GmbH betrug umgerechnet 25.565 EUR. Die H GmbH – seit Gründung der K GmbH Ende 1996 alleinige Gesellschafterin – splittete ihre Beteiligung in einen Anteil zu 9.458 EUR und je 5 Anteile zu 3.221 EUR, von denen der Steuerpflichtige einen und die H GmbH selbst ebenfalls einen erhielt. Nach diesem Vertrag hielten die "Erschienenen", darunter auch der Steuerpflichtige bzw. sein Stellvertreter, unter Verzicht auf alle Frist- und Formvorschriften eine Gesellschafterversammlung der K GmbH ab und beschlossen eine Erhöhung des Stammkapitals der Gesellschaft auf 24.000.000 EUR. Damit verminderte sich die Beteiligung des Steuerpflichtigen auf 0,0208 %. Er wurde als einer von 3 Geschäftsführern bestellt. Erst dann wurde der Vertrag von den Vertragsparteien unterzeichnet und notariell beurkundet. Im August 2000 veräußerte der Steuerpflichtige seinen Gesellschaftsanteil für 1.533.875 EUR. Der Veräußerungsgewinn betrug 1.528.875 EUR. Das Finanzamt besteuerte diesen Gewinn nach § 17 EStG. Das FG gab ihm Recht.
Der BFH entscheidet, dass das FG zu Unrecht von einer wesentlichen Beteiligung des Steuerpflichtigen nach § 17 Abs. 1 EStG an der K GmbH ausgegangen ist. Danach ist eine wesentliche Beteiligung anzunehmen, wenn der Veräußerer an der Gesellschaft zu mindestens 10 % unmittelbar oder mittelbar beteiligt war (§ 17 Abs. 1 Satz 4 EStG a.F.). Vorliegend hat der Steuerpflichtige vor der inkongruenten Kapitalerhöhung keine tatsächliche freie Verfügungsbefugnis über eine Beteiligung von 12,6 % erworben. Es war ihm zu keinem Zeitpunkt möglich, aus einer wesentlichen Beteiligung resultierende Rechte, jenseits der Mitwirkung an der inkongruenten Kapitalerhöhung, auszuüben.
Seine Position bestand allein in der gebundenen Mitwirkung an der Herstellung der vorweg vereinbarten Gesellschaftsstruktur unter Reduzierung der eigenen Beteiligungsquote. Die aus der Beteiligung resultierenden Verwaltungsrechte standen ihm ausschließlich in Gestalt einer einmaligen vorweg gebundenen Stimmrechtsausübung zu. Für die tatsächliche Wahrnehmung von vermögensrechtlichen Ansprüchen ließ die Vertragsgestaltung keinerlei Raum.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 25.5.2011, IX R 23/10.