Prof. Dr. Edeltraud Günther, Dipl.-Finanzwirt Karl-Heinz Günther
Leitsatz
Bei der Beurteilung, ob wirtschaftliches Eigentum vorliegt, kommt es allein auf konkrete tatsächliche Umstände, d.h. auf das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte an.
Sachverhalt
Im Urteilsfall ging es um die Frage, ob die Veräußerung eines GmbH- Anteils nach § 17 EStG zu versteuern war, weil der Verkäufer zuvor wesentlich im Sinne der Vorschrift beteiligt gewesen war. Im Oktober 1999 erwarb der Steuerpflichtige einen Anteil von 15 % an einer GmbH. Einen Tag vor Anteilserwerb hatte er mit seiner Ehefrau einen Unterbeteiligungsvertrag betreffend die zu erwerbende Beteiligung geschlossen. Danach wurde ein atypisches Unterbeteiligungsverhältnis der Ehefrau an dem Geschäftsanteil des Steuerpflichtigen i.H.v. 5,1 % des Stammkapitals der GmbH begründet, mit der Folge, dass er die Auffassung vertrat, eine seinerzeit für die Wesentlichkeit erforderliche Beteiligung von 10 % habe zu keinem Zeitpunkt vorgelegen.
Der BFH folgte dieser Sichtweise und verneinte die Besteuerung der 2 Jahre später erfolgten Beteiligungsveräußerung. Denn durch den Unterbeteiligungsvertrag war nach Ablauf der logischen Sekunde das wirtschaftliche Eigentum an 5,1 % des GmbH-Anteils des Steuerpflichtigen auf seine Ehefrau übergegangen. Ihm stand dagegen im Zeitpunkt des Erwerbs des GmbH-Anteils auch nicht das wirtschaftliche Eigentum an dem der Ehefrau übertragenen GmbH-Anteil zu. Denn unbeschadet eines möglichen zivilrechtlichen Durchgangserwerbs war der Steuerpflichtige zu keinem Zeitpunkt – auch nicht für eine logische Sekunde – wirtschaftlicher Eigentümer der Unterbeteiligung. Denn die logische Sekunde ist nur eine gedankliche Hilfskonstruktion zur Prioritätsbestimmung (für gleichzeitig stattfindende Vorgänge) und kein realer Zeitpunkt oder Zeitabschnitt, allenfalls von der Größe Null.
Hinweis
Im Einkommensteuerrecht kommt es entscheidend auf das wirtschaftlich Gewollte und das tatsächlich Bewirkte an. Maßgebend sind also konkrete tatsächliche Umstände, sodass eine nicht reale logische Sekunde für die Feststellung des wirtschaftlichen Eigentums unerheblich ist.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 26.1.2011, IX R 7/09.