Leitsatz
Für eine Fortgeltungsklausel in einem Wirtschaftsplan bis zur Beschlussfassung über den nächsten Wirtschaftsplan besteht eine Beschlusskompetenz.
Nach dem Beschluss über die Abrechnung begrenzt sich der Anspruch auf Forderungen aus dem Wirtschaftsplan auf den in der Abrechnung ausgewiesenen Betrag.
Hat der Wohnungseigentümer keine Vorauszahlungen auf den Wirtschaftsplan erbracht, stellt eine "negative Abrechnungsspitze" keine Forderung des Wohnungseigentümers dar, gegen den die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer aufrechnen kann.
Normenkette
WEG § 28 Abs. 1, Abs. 3, Abs. 5
Das Problem
- Die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer K verlangt von Wohnungseigentümer B das Hausgeld für den Zeitraum März 2016 bis Februar 2017. Während des Berufungsverfahrens wird die Abrechnung 2016 beschlossen, die zu einer negativen Abrechnungsspitze für B führt. Der Beklagte verteidigt sich gegen die Klageforderung mit vermeintlichen Gegenforderungen aus Überzahlungen in der Vergangenheit, indem er sie zur Aufrechnung stellt und diese auch hilfsweise widerklagend geltend macht.
- Das Amtsgericht (AG) gibt der Klage statt und weist die Widerklage ab. B verfolgt die Klageabweisung und die Stattgabe der Widerklage in der Berufungsinstanz weiter.
Die Entscheidung
Die Berufung ist nach Ansicht des Landgerichts teilweise begründet. Die während des Berufungsverfahrens bestandskräftige Beschlussfassung über die Jahresabrechnung 2016 habe zu einer Begrenzung der Hausgeldansprüche betreffend das Wirtschaftsjahr 2016 geführt.
Fortgeltung des Wirtschaftsplans
- Grundsätzlich gelte ein Wirtschaftsplan mangels anderweitiger Vereinbarung nur für den Abrechnungszeitraum, also nach § 28 Abs. 3 WEG das Kalenderjahr. Der Wirtschaftsplan, der zu betrachten sei, sei auf das Jahr 2016 bezogen. Teilweise betreffe die Klageforderung jedoch Monate aus dem Jahr 2017, die von dem folgenden Wirtschaftsplan nicht erfasst seien. Der Wirtschaftsplan 2016 enthalte aber eine Bestimmung, wonach Hausgeldzahlungen über den Planungszeitraum hinaus weiter zu zahlen seien, bis ein neuer Wirtschaftsplan beschlossen wird. Hierzu bestehe jedenfalls dann eine Beschlusskompetenz, wenn nur eine Fortgeltung für einen konkreten Wirtschaftsplan bis zum Beschluss des nächsten Plans getroffen werde (Hinweis auf Häublein in Staudinger, Neubearbeitung 2018, § 28 Rn. 159 und a.A. LG Hamburg v. 20.12.2017, 318 S 15/17, ZWE 2018 S. 219 und LG Itzehoe v. 17.9.2013, 11 S 93/12, ZMR 2014 S. 144: nur bis zur nächsten Versammlung). Dem könne insbesondere nicht entgegengehalten werden, dass ein Wirtschaftsplan nur eine Zahlungspflicht für ein konkretes Kalenderjahr begründen könne. Es bestehe eine Beschlusskompetenz nach § 28 Abs. 5 WEG, über einen Wirtschaftsplan einen Beschluss zu fassen. Dies umfasse auch die Kompetenz, eine Fortgeltung über das Kalenderjahr hinaus zu beschließen. Ob dies sachgerecht sei, sei eine Frage ordnungsmäßiger Verwaltung, die sich nicht stelle, da der Beschluss nicht angefochten worden sei.
- Dass ein Wirtschaftsplan nicht nur für das laufende Abrechnungsjahr Wirkungen entfalten könne, habe der Bundesgerichtshof für abgelaufene Wirtschaftsjahre bereits entschieden. Er halte eine Beschlussfassung über einen Wirtschaftsplan auch für vergangene Zeiträume jedenfalls dann für möglich, wenn der vorangegangene Beschluss über den Wirtschaftsplan nichtig (Hinweis auf BGH, Urteil v. 4.4.2014, V ZR 168/13, NJW 2014 S. 2197 Rn. 21) oder erfolgreich angefochten worden sei. Für eine Fortgeltung der in dem Wirtschaftsplan konkret beschlossenen Zahlungspflicht für die Zukunft könne daher nichts anderes gelten.
Begrenzung durch Abrechnung
Die Abrechnung für das Jahr 2016 führe aber teilweise zum Erfolg der Berufung.
Der Grundsatz
Die Beschlussfassung über eine Abrechnung führe nicht zu einer Verdopplung des Schuldgrundes. Vielmehr habe sie grundsätzlich keine unmittelbare Auswirkung auf die zunächst durch die Beschlussfassung über den Wirtschaftsplan begründeten Hausgeldforderungen. Die Abrechnung, die auf dem Wirtschaftsplan folgend beschlossen werde, wirke nur hinsichtlich der Abrechnungsspitze, also hinsichtlich des Betrages, der den durch den Wirtschaftsplan begründeten Vorschuss übersteige, anspruchsbegründend. Die Vorschüsse, begründet durch den Wirtschaftsplan, müssten grundsätzlich weiterhin geleistet werden. Jedoch sei allgemein anerkannt (Hinweis u.a. auf Hügel/Elzer, WEG, 2. Auflage, § 28 Rn. 54), dass durch die Beschlussfassung über die Abrechnung, die zuvor bestehende Hausgeldzahlungsverpflichtung auf den Betrag begrenzt werde, der durch die Abrechnung ausgewiesen werde.
Kommentar
- Insoweit sei eine anteilige Begrenzung vorzunehmen. Dies führe dazu, dass die Hausgeldzahlungen sich von den laut Wirtschaftsplan geschuldeten 524,00 EUR auf 403,80 EUR (4.845,58: 12) ermäßigten.
- Unberührt bleiben müssten die geschuldeten Zahlungen auf die Instandhaltungsrückstellung, die nicht gezahlt worden seien und bei denen die Abrechnung – naturgemäß – eine "Anpassung" nicht vornehme, sonder...