Leitsatz (amtlich)

Errichten die Partner einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft gemeinsam ein Einfamilienhaus auf einem Grundstück, das zivilrechtlich im Eigentum nur eines Partners steht, kann auch der andere als wirtschaftlicher Miteigentümer zur Inanspruchnahme der Wohneigentumsförderung nach § 10e EStG berechtigt sein, wenn ihm für den Fall des Scheiterns der Lebensgemeinschaft nach zivilrechtlichen Grundsätzen ein Ausgleichsanspruch gegen den zivilrechtlichen Eigentümer in Höhe des hälftigen Verkehrswertes des Gebäudes zusteht.

 

Sachverhalt

Die seit 31.12.1997 mit dem Kläger verheiratete Frau M war Eigentümerin eines unbebauten Grundstücks, auf dem sie 1995 zusammen mit dem Kläger ein Einfamilienhaus errichtete. Sämtliche mit dem Bauvorhaben zusammenhängenden Tätigkeiten einschließlich der Finanzierung führten der Kläger und Frau M gemeinsam durch. Sie bezogen das Einfamilienhaus am 22.12.1995. In ihrer Erklärung zur einheitlichen und gesonderten Feststellung für das Streitjahr 1995 begehrten sie die Wohneigentumsförderung nach § 10e Abs. 1 und 6 EStG. Sie beantragten, den insgesamt abzuziehenden Betrag von 38 862 DM jedem zur Hälfte (jeweils 19431 DM) zuzurechnen. Das Finanzamt stellte die "Steuerbegünstigung" mit einem Betrag von 19 431 DM fest, den es ausschließlich Frau M als der Eigentümerin des Grundstücks zurechnete. Den Anteil des Klägers setzte das Finanzamt mit 0 DM an. Im Klageverfahren legte der Kläger eine vom 6.3.1995 datierte Vereinbarung vor, in der ihm Frau M das dauernde, uneingeschränkte Nutzungsrecht an dem Grundstück und dem zu errichtenden Haus für die "Lebensdauer" des Gebäudes einräumte. Das FG wies die Klage ab[1]. Die Revision des Klägers führte zur Klagestattgabe.

 

Entscheidungsgründe

Zu Unrecht hat das FG die Berechtigung des Klägers zur Inanspruchnahme der Wohneigentumsförderung für die von ihm getragenen Kosten mangels wirtschaftlichen (Mit-)Eigentums verneint. Die Wohneigentumsförderung nach § 10e Abs. 1 und Abs. 6 Satz 1 EStG setzt voraus, dass der Steuerpflichtige eine zu eigenen Wohnzwecken genutzte Wohnung im eigenen Haus hergestellt oder angeschafft hat. Er muss Eigentümer oder zumindest Miteigentümer[2] des begünstigten Objekts sein. In Fällen, in denen zivilrechtliches und wirtschaftliches Eigentum nicht übereinstimmen, steht die Förderung dem wirtschaftlichen Eigentümer[3] zu[4]. Wirtschaftliches Eigentum kann auch in Bezug auf ideelle Miteigentumsanteile begründet werden[5].

Im Streitfall ist Frau M als Grundstückseigentümerin zivilrechtlich auch Alleineigentümerin des Gebäudes geworden, weil dieses weder in Ausübung eines dinglichen Rechts noch zu einem vorübergehenden Zweck[6] errichtet worden ist[7]. Dem Kläger stand jedoch als wirtschaftlichem Eigentümer des Gebäudes die Grundförderung nach § 10e Abs. 1 EStG und der Vorkostenabzug nach § 10e Abs. 6 Satz 1 EStG entsprechend seinem Anteil jeweils zur Hälfte zu. Errichtet jemand im eigenen Namen und für eigene Rechnung auf einem fremden Grundstück ein Gebäude, ist der Grundstückseigentümer grundsätzlich zivilrechtlicher und zugleich wirtschaftlicher Eigentümer des Gebäudes, wenn die Errichtung des Gebäudes sowohl dem Interesse des Bauenden als auch dem des Grundstückseigentümers dient, der Wert des Gebäudes sich nicht innerhalb der vereinbarten Nutzungszeit verzehrt und nach Ablauf der Nutzungszeit die Verhältnisse neu gestaltet werden können[8]. Dagegen ist der Bauende als wirtschaftlicher Eigentümer zu beurteilen, wenn er aufgrund eindeutiger, im Voraus getroffener und tatsächlich durchgeführter Vereinbarungen die wirtschaftliche Verfügungsmacht und Sachherrschaft - unter dauerndem Ausschluss des zivilrechtlichen Eigentümers - inne hat, weil ihm allein Substanz und Ertrag des Gebäudes für dessen voraussichtliche Nutzungsdauer zustehen[9].

Der Kläger war im Streitjahr 1995 wirtschaftlicher Miteigentümer des Gebäudes zur Hälfte. Er war berechtigt, das Einfamilienhaus auf Dauer zusammen mit Frau M wie ein Miteigentümer zu nutzen und hatte für den Fall des Scheiterns der Lebensgemeinschaft einen Anspruch gegen Frau M als Grundstückseigentümerin in Höhe des hälftigen Verkehrswertes des Gebäudes. Frau M konnte daher über das Gebäude zwar rechtlich, wegen des Entschädigungsanspruchs des Klägers aber nicht wirtschaftlich uneingeschränkt verfügen. Der Kläger und Frau M schufen durch die Errichtung der Familienwohnung einen gemeinschaftlichen Wert. Sie wollten das Gebäude nicht nur für die Dauer der Partnerschaft gemeinsam nutzen, sondern es sollte ihnen nach ihrer Vorstellung auch gemeinsam gehören, auch wenn die Grundstückseigentümerin zivilrechtlich Alleineigentümerin des Gebäudes geworden ist. Die Finanzierung der hälftigen Herstellungskosten von mehr als 200 000 DM durch den Kläger ist auch als wesentlicher Beitrag i.S. der BGH-Rechtsprechung[10] zu werten. Da jeder von ihnen die Hälfte der Herstellungskosten des Gebäudes getragen hat und Anhaltspunkte für eine anderweitige Beteiligungsquote nicht erkennbar sind, hätte ...

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