Umstrittene Frage
In der Fachliteratur ist die Frage umstritten, ob der Überlassungsanspruch nach § 1568a Abs. 1 BGB erlischt, wenn er nicht 1 Jahr nach Rechtskraft der Ehescheidung rechtshängig gemacht worden ist. Hierzu liegt nun erstmals eine obergerichtliche Entscheidung vor.
Wer verbleibt im EFH?
Die geschiedenen Eheleute sind Miteigentümer eines Einfamilienhauses, das auch Ehewohnung war. Die Ehefrau lebt mit der gemeinsamen Tochter in der Erdgeschosswohnung. Der Ehemann bewohnt das Obergeschoss, das nur über das Wohnzimmer der Ehefrau zu erreichen ist. Rund 16 Monate nach Rechtskraft der Scheidung begehrt die Ehefrau vom Ehemann die Überlassung des gesamten Einfamilienhauses zur alleinigen Nutzung. Sie ist der Ansicht, sie fände in der näheren Umgebung keine Wohnung, weshalb die Tochter ihr gesamtes soziales Umfeld verliere, wenn sie ihrerseits das Haus verlassen müsse. Der Ehemann ist der Ansicht, der Überlassungsanspruch stünde der Ehefrau nicht zu, da es möglich und bereits genehmigt sei, nach Installierung einer Außentreppe, das Haus nach dem WEG zu teilen, wodurch das Durchschreiten des Wohnzimmers der Ehefrau entfiele. Das Jugendamt äußerte, es sei auf Dauer für die Entwicklung des gemeinsamen Kindes nicht zuträglich, im Spannungsfeld der Eltern zu leben. Das Familiengericht hat den Ehemann antragsgemäß zur Überlassung der Wohnung an die Ehefrau verpflichtet. Auf die hiergegen gerichtete Beschwerde des Ehemanns hat das OLG Bamberg den Beschluss des Amtsgerichts abgeändert und den Antrag der Ehefrau zurückgewiesen.
Anspruch erloschen
Das OLG Bamberg entschied:
- Nach der gesetzgeberischen Intention soll in den Fällen der Wohnungszuweisung nach § 1568a BGB anlässlich der Scheidung ausschließlich ein Mietverhältnis begründet werden.
- Dieser Anspruch auf Eintritt oder Begründung eines Mietverhältnisses erlischt nach § 1568a Abs. 6 BGB jedoch innerhalb eines Jahres nach Rechtskraft der Scheidung. Da der Gesetzgeber eine Koppelung von Überlassung und Änderung bzw. Begründung eines Mietvertrags beabsichtigt habe, sei es nur folgerichtig und konsequent, dass auch der Anspruch auf Überlassung der Wohnung nach Ablauf von einem Jahr nach Rechtskraft der Scheidung erlischt.
Fristablauf
Diese Frist war hier bereits abgelaufen, sodass für eine Wohnungsüberlassung kein Raum (mehr) war.
Fazit
Die Rechtsfrage, ob § 1568a Abs. 6 BGB auf den Überlassungsanspruch nach Abs. 1 überhaupt analog angewendet werden darf, wird auch nach dieser Pilot-Entscheidung streitig bleiben. Die weitere Rechtsprechung bleibt abzuwarten. Vorerst sollte die Verwirkungsfrist gleichwohl stets im Blick sein!
(OLG Bamberg, Beschluss v. 3.11.2016, 2 UF 154/16, dazu Erbarth, NZFam 2017, S. 132)