Leitsatz

Auch bei Zahlungen, die ein Gesellschafter-Geschäftsführer auf die von der GmbH geschuldeten Löhne aus seinem eigenen Vermögen ohne unmittelbare Berührung der Vermögenssphäre der Gesellschaft und ohne dieser gegenüber dazu verpflichtet zu sein selbst erbringt, hat er dafür zu sorgen, dass die Lohnsteuer einbehalten und an das Finanzamt abgeführt wird.

 

Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger war Geschäftsführer einer GmbH, über deren Vermögen am 1.7.1999 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Er war auch Gesellschafter der GmbH. Das Finanzamt nimmt den Steuerpflichtigen für Lohnsteuer Februar und März 1999 nebst ebenfalls unbeglichener Kirchensteuer, Solidaritätszuschlag und Säumniszuschlägen als Haftenden in Anspruch. Die von der GmbH geschuldeten Netto-Löhne für diese beiden Monate sind vom Steuerpflichtigen aus eigenen Mitteln unmittelbar an die Arbeitnehmer der GmbH ausgezahlt worden. Lohnsteuer und die weiteren genannten Abgaben sind weder von der GmbH noch vom Steuerpflichtigen abgeführt worden. Die gegen den Haftungsbescheid des Finanzamts erhobene Klage führte nur zum Teil zum Erfolg. Das FG war der Auffassung, bei der Berechnung der Haftungssumme sei nicht von den auf die ausgezahlten Löhne zu entrichtenden Steuerbeträgen auszugehen, sondern von den Beträgen, um die der Steuerpflichtige die Zahlungen an die Arbeitnehmer der GmbH im Hinblick auf die steuerlichen Pflichten der GmbH zur Einbehaltung und Abführung von Lohnsteuer, Kirchensteuer und Solidaritätszuschlag hätte kürzen müssen. Im Übrigen hat das FG die Klage abgewiesen.

Der BFH hält die Revision für begründet. Sie führt zur Aufhebung des angefochtenen Haftungsbescheids und insoweit auch des FG-Urteils. Die GmbH traf steuerrechtlich die Pflicht, die auf die ausgezahlten Löhne entfallende Lohnsteuer an das Finanzamt abzuführen, wofür der Steuerpflichtige als Geschäftsführer der GmbH zu sorgen hatte. Diesen Pflichten konnte er nicht dadurch ausweichen, dass er es vermied, der GmbH die für die Lohnzahlungen bereitstehenden Mittel zuzuführen, um sie stattdessen unmittelbar selbst in vollem Umfang zur Tilgung deren Lohnschulden zu verwenden. Der Steuerpflichtige hat danach seine Geschäftsführerpflichten verletzt. Hierfür und für den dadurch ausgelösten Steuerausfall des Finanzamts ist er verantwortlich, sodass der objektive Tatbestand der Haftungsnorm des § 69 AO erfüllt ist. Gleichwohl kann der Steuerpflichtige nicht in Anspruch genommen werden, weil es an dem von § 69 AO für eine Haftung verlangten Verschulden des Steuerpflichtigen (Vorsatz oder grobe Fahrlässigkeit) fehlt. Vorliegend kann dem Steuerpflichtigen kein Schuldvorwurf dahin gemacht werden, er habe die Pflicht der GmbH zur Entrichtung der von ihm selbst gezahlten Löhne kennen müssen, nachdem das FG Düsseldorf in seinem Urteil in EFG 1992 S. 240 in einem Verhalten wie dem des Steuerpflichtigen einen haftungsbegründenden Tatbestand nicht zu erkennen vermocht hat.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 22.11.2005, VII R 21/05.

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