1 Leitsatz
Eine Regelung, die den Nachlassschuldner berechtigt, seine Leistung auch ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung grundsätzlich von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen, existiert nicht.
Ein Erbe ist daher nicht verpflichtet, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sofern er diesen Nachweis auch in anderer Form einfacher und/oder kostengünstiger führen kann (insbesondere durch die Vorlage einer beglaubigten Abschrift des Testaments oder Erbvertrags und die Niederschrift über dessen Eröffnung).
2 Sachverhalt
Der Kläger im vorliegenden Rechtsstreit war ein Verbraucherschutzverband. Die Beklagte war eine Sparkasse, die in ihren Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) folgende Klausel verwendet hatte:
Nr. 5 Legitimationsurkunden
Erbnachweise
Nach dem Tode des Kunden kann die Sparkasse zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins, eines Testamentsvollstreckerzeugnisses oder ähnlicher gerichtlicher Zeugnisse verlangen; fremdsprachige Urkunden sind auf Verlangen der Sparkasse mit deutscher Übersetzung vorzulegen. Die Sparkasse kann auf die Vorlegung eines Erbscheins oder eines Testamentsvollstreckerzeugnisses verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie der Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt wird.
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Der Kläger war der Ansicht, dass die Regelungen in Absatz 1 der Klausel unwirksam sind, weil sie einer Inhaltskontrolle nach § 307 BGB nicht standhielten. Mit einer Unterlassungsklage nach § 1 UKlaG (Gesetz über Unterlassungsklagen bei Verbraucherrechts- und anderen Verstößen) begehrte er die Verurteilung der Beklagten, es zu unterlassen, diese oder inhaltsgleiche Bestimmungen gegenüber Verbrauchern zu verwenden. Darüber hinaus verlangte er von der Beklagten die Erstattung von Abmahnkosten in Höhe von 214 EUR zuzüglich Zinsen.
Die Klage war in beiden Vorinstanzen (LG Dortmund, OLG Hamm) erfolgreich. Mit der vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgte die Beklagte ihr Klageabweisungsbegehren weiter.
3 Entscheidung
Die Revision der Beklagten beim BGH hatte keinen Erfolg. In seiner Urteilsbegründung hat das Gericht zunächst darauf hingewiesen, dass ein Erbe nicht verpflichtet ist, sein Erbrecht durch einen Erbschein nachzuweisen, sondern er diesen Nachweis auch in anderer Form führen kann. Es existiere keine Regelung, die den Nachlassschuldner berechtigt, seine Leistung auch ohne entsprechende vertragliche Vereinbarung grundsätzlich von der Vorlage eines Erbscheins abhängig zu machen.
Abweichend davon könne jedoch nach dem Wortlaut der vorliegenden Klausel die Sparkasse die Vorlage eines Erbscheins zum Nachweis des Erbrechts unabhängig davon verlangen, ob im konkreten Fall das Erbrecht auch auf andere – einfachere und/oder kostengünstigere – Art nachgewiesen werden könne.
Das der Beklagten in der Klausel eingeräumte Recht, auf die Vorlegung eines Erbscheins zu verzichten, wenn ihr eine Ausfertigung oder eine beglaubigte Abschrift vom Testament oder Erbvertrag des Kunden sowie der Niederschrift über die zugehörige Eröffnungsverhandlung vorgelegt werden, besteht nach Ansicht des BGH nach dem Empfängerhorizont eines rechtlich nicht vorgebildeten, durchschnittlichen Bankkunden ebenfalls unbeschränkt. Die Bestimmung gebe nicht vor, in welchen Fällen oder unter welchen Voraussetzungen die Sparkasse zum Nachweis des Erbrechts des Kunden keinen Erbschein verlangen kann. Vielmehr räume sie der Beklagten abweichend von der Gesetzeslage das Recht ein, im Zweifel stets die Vorlage eines Erbscheins zu fordern.
Das Gericht hat weiter ausgeführt, dass das uneingeschränkte Recht der Sparkasse, zur Klärung der rechtsgeschäftlichen Berechtigung die Vorlegung eines Erbscheins zu verlangen (Nr. 5 Abs. 1 Satz 1 der AGB) bzw. in bestimmten Situationen darauf zu verzichten (Nr. 5 Abs. 1 Satz 2 der AGB), mit wesentlichen Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren ist (§ 307 Abs. 2 Nr. 1 BGB) und die Kunden der Beklagten entgegen den Geboten von Treu und Glauben unangemessen benachteiligt (§ 307 Abs. 1 Satz 1 BGB).
Nach Meinung des BGH ist bei den Anforderungen an den Nachweis der Rechtsnachfolge auch den berechtigten Interessen der Erben an einer möglichst raschen und kostengünstigen Abwicklung des Nachlasses Rechnung zu tragen.
Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 1 GBO könne zwar der Nachweis der Erbfolge gegenüber dem Grundbuchamt in der Regel nur durch einen Erbschein geführt werden. Beruhe jedoch die Erbfolge auf einer Verfügung von Todes wegen, die in einer öffentlichen Urkunde enthalten ist, so genüge es nach § 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 1 GBO, wenn an Stelle des Erbscheins die Verfügung und die Niederschrift über deren Eröffnung vorgelegt werden. Nur wenn das Grundbuchamt die Erbfolge durch diese Urkunden nicht für nachgewiesen erachtet, könne es die Vorlegung eines Erbscheins verlangen (§ 35 Abs. 1 Satz 2 Halbsatz 2 GBO). Das Grundbuchamt hat demnach bei Vorliegen etwa ei...