Leitsatz
Leistet der Arbeitgeber Zahlungen für ein im Haus bzw. in der Wohnung des Arbeitnehmers gelegenes Büro, das der Arbeitnehmer für die Erbringung seiner Arbeitsleistung nutzt, so ist die Unterscheidung zwischen Arbeitslohn einerseits und Einkünften aus Vermietung und Verpachtung andererseits danach vorzunehmen, in wessen vorrangigem Interesse die Nutzung des Büros erfolgt.
Sachverhalt
Ein angestellter Diplom-Forstingenieur, Dienststelleninhaber einer staatlichen Revierförsterei, überließ dem Forstamt aufgrund eines 1995 geschlossenen Mietvertrags einen Büroraum im Keller seines selbst bewohnten Einfamilienhauses. Der Raum sollte der Forstverwaltung als Dienstzimmer dienen und vom Revierförster benutzt werden. Der monatliche Mietzins betrug – einschließlich Schönheitsreparaturen – 90 DM. Das auf unbestimmte Zeit geschlossene Mietverhältnis konnte im Rahmen gesetzlicher Fristen gekündigt werden und sollte spätestens mit Ablauf der Amtszeit als Revierförster enden. Von den im Streitjahr 1997 neben weiteren Aufwendungen für Ausstattung, Bürobedarf etc. und abzüglich der monatlichen Zahlungen des Arbeitgebers geltend gemachten Aufwendungen für das Büro in Höhe von 6011 DM ließ das Finanzamt nur 2400 DM zum Abzug zu. Das FG berücksichtigte weitere 3654 DM. Die Revision des Finanzamts wies der BFH zurück.
Entscheidung
Ob Zahlungen des Arbeitgebers als Mietzins oder Arbeitslohn zu beurteilen sind, wird danach entschieden, in wessen vorrangigem Interesse das Büro genutzt wird. Lohn wird angenommen, wenn der Arbeitnehmer im Betrieb über einen weiteren Arbeitsplatz verfügt und der Arbeitgeber häusliches Arbeiten lediglich gestattet bzw. duldet. Dagegen ist bei Zahlungen für die Raumnutzung im – objektiv nachvollziehbaren – vorrangig betrieblichen Interesse des Arbeitgebers anzunehmen, dass sie auf besonderen Rechtsbeziehungen neben dem Dienstverhältnis beruhen. Anhaltspunkt, aber nicht Voraussetzung hierfür ist, dass Nutzungen zu gleichen Bedingungen auch mit fremden Dritten vereinbart wurden. Auch eine ausdrückliche schriftliche Vereinbarung kann ein Indiz für ein gesondertes Nutzungsverhältnis sein. Schriftform ist aber weder Voraussetzung hierfür, noch schließt sie die Annahme von Lohn aus. Die Beweislast für ein vorrangiges Nutzungsinteresse des Arbeitgebers trifft den Steuerpflichtigen.
Im Streitfall hat der BFH Arbeitslohn verneint, da das Dienstzimmer letztlich ein externes Büro des Arbeitgebers darstellte. Hierfür spricht neben der ausdrücklichen schriftlichen Nutzungsvereinbarung, dass ihr Abschluss und ihre Ausgestaltung sowie die tatsächliche Nutzung nachvollziehbar maßgeblich von den Bedürfnissen der Forstverwaltung geprägt waren. Die ursprünglich hierfür genutzte Revierförsterei sollte aus Kostengründen aufgelöst werden. Versuche des Arbeitgebers, einen geeigneten Raum von dritter Seite anzumieten, waren zudem erfolglos geblieben. Im Übrigen ist keine Voraussetzung für ein Nutzungsverhältnis, dass es zu gleichen Bedingungen auch mit einem Dritten vereinbart worden wäre, insbesondere nicht, dass ein ortsüblicher Mietzins nicht unterschritten wird. Das betriebliche Interesse an der Nutzung des betreffenden Raums wird nämlich nicht durch eine für den Arbeitgeber vorteilhafte Gestaltung in Frage gestellt.
Ist wie hier ein besonderes Nutzungsverhältnis anzuerkennen, liegt kein "häusliches" Arbeitszimmer, sondern ein Arbeitgeberbüro vor, für das die Abzugsbeschränkungen des § 4 Abs. 5 Nr. 6b EStG nicht eingreifen. Dem gemäß sind die entstandenen Aufwendungen zu berücksichtigen. Dem stehen Zweifel am Vorliegen einer Überschusserzielungsabsicht nicht entgegen, da Verluste aus einer ohne Überschusserzielungsabsicht ausgeübten Nebentätigkeit gleichwohl zu Werbungskosten bei der Haupttätigkeit führen können, wenn sie durch diese veranlasst sind.
Praxishinweis
Ist neben dem Dienstverhältnis ein gesondertes Nutzungsverhältnis anzuerkennen, so unterliegt das Entgelt weder dem Lohnsteuerabzug, noch ist es sozialversicherungspflichtig. Außerdem entfallen die Abzugsbeschränkungen, die für ein häusliches Arbeitszimmer gelten. Das bedeutet aber nicht, dass diese Folgen bereits durch entsprechende schriftliche Vereinbarungen gestaltet werden können. Vielmehr muss sich aus den Umständen objektiv ergeben, dass das Büro im Interesse des Arbeitgebers genutzt wird. Das dürfte auch erfordern, dass es nur für Zwecke des Arbeitgebers genutzt wird.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 16.9.2004, VI R 25/02