Das steht im Urteil

Ein Steuerhinterzieher kann sich nicht auf die verlängerte Festsetzungsfrist von zehn Jahren (§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO) berufen.

 

Der Sachverhalt

Ein Steuerpflichtiger (A) hatte im Streitjahr 1997 Einkünfte aus Kapitalvermögen i.H.v. 34.443 DM erzielt. In seiner – im März 1999 eingereichten – Einkommensteuererklärung für 1997 hatte er diese Einkünfte nicht angegeben. Das Finanzamt veranlagte A erklärungsgemäß und setzte die Einkommensteuer mit Bescheid v. 21.6.1999 auf 0 DM fest. Von den Einkünften des A aus Kapitalvermögen waren jeweils die Zinsabschlagsteuer in Höhe von 30 % der Erträge einbehalten und an das Finanzamt abgeführt worden. Da der persönliche Steuersatz des A deutlich unter 30 % lag, hätte A bei wahrheitsgemäßer Angabe dieser Einkünfte in seiner Steuererklärung – durch Anrechnung der Kapitalertragsteuer i.H.v. 12.438,66 DM sowie der Körperschaftsteuer i.H.v. 711,43 DM – im Rahmen der Veranlagung eine Steuererstattung i.H.v. 5.706 DM beanspruchen können.

Aufgrund dieser Erkenntnis berichtigte A Ende 2004 seine Angaben im Rahmen einer Selbstanzeige und verlangte vom Finanzamt die Erstattung zuviel erhobener Einkommensteuer. Da die normale Festsetzungsfrist von vier Jahren (§ 169 Abs. 2 Satz 1 Nr. 2 AO) zu diesem Zeitpunkt bereits abgelaufen war, bezichtigte er sich selbst der Steuerhinterziehung und berief sich auf die für Hinterziehungsfälle geltende Festsetzungsfrist von zehn Jahren(§ 169 Abs. 2 Satz 2 AO).

 

Die Meinung des BFH

Nach Auffassung des BFH kann sich A auf die verlängerte Festsetzungsfrist nicht berufen. Dabei lässt der BFH dahinstehen, ob der objektive und subjektive Tatbestand der Einkommensteuerhinterziehung gegeben ist, wenn aufgrund einer unrichtigen Steuererklärung die Einkommensteuer zwar zu niedrig festgesetzt, Einkommensteuer aber bereits durch Steuerabzug erhoben wurde. Jedenfalls setzt die für Hinterziehungsfälle geltende Festsetzungsfrist gem. § 169 Abs. 2 Satz 2 AO einen hinterzogenen Betrag im dem Sinne voraus, dass der Fiskus Anspruch auf eine Abschlusszahlunghat, den er wegen einer vollendeten Steuerhinterziehung bislang nicht realisieren konnte. Der Zweck der vom Gesetzgeber angeordneten Fristverlängerung besteht darin, den durch eine Steuerstraftat geschädigten Fiskus in die Lage zu versetzen, die ihm in strafbarer Weise vorenthaltenen Steuerbeträge über die normale Verjährungsfrist hinaus noch nachfordern zu können. Im Streitfall hatte der Steuergläubiger die geschuldete Einkommensteuer durch Steuerabzug bereits erhoben; für ihn bestand somit nie ein Anspruch auf eine Abschlusszahlung. Ein Steuerhinterzieher muss dagegen einen Erstattungsanspruch innerhalb von vier Jahren geltend machen. Für ihn gilt dieselbe Frist, die auch allen ehrlichen Steuerbürgern im Normalfall zusteht, um vergleichbare Erstattungsansprüche realisieren zu können.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil vom 26.02.2008, VIII R 1/07v. 26.2.2008, VIII R 1/07

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