Dipl.-Finanzwirt Arthur Röck
Leitsatz
Ein (gemischt) unternehmerisch und nichtunternehmerisch genutzter Gegenstand kann dem Unternehmen insgesamt oder im Umfang der tatsächlichen unternehmerischen Verwendung oder voll dem Privatvermögen zugezuordnet (Zuordnungswahlrecht). Die sofort bei Leistungsbezug zu treffende Zuordnungsentscheidung ist "zeitnah", d.h. bis spätestens in der Jahressteuererklärung zu dokumentieren. Keine "zeitnahe" Dokumentation dliegt vor, wenn die Zuordnungsentscheidung dem Finanzamt erst nach Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist von Steuererklärungen (31. Mai des Folgejahres) mitgeteilt wird.
Sachverhalt
Das vom Unternehmer mit seiner Ehefrau in 2003 errichtete Gebäude wurde als Unternehmensbüro (41 %) und für eigene Wohnzwecke der Eheleute genutzt. Der vom Ehemann für das Büro geltend gemachte Vorsteuerabzug erfolgte erstmals in der Umsatzsteuer-Jahreserklärung 2003 und 2004.
Der BFH versagte den Vorsteuerabzug, da die erforderliche Zuordnungsentscheidung zum Unternehmen nicht zeitnah erfolgt ist. Die Dokumentation der Zuordnungsentscheidung kann, anstatt in den Umsatzsteuer-Voranmeldungen, noch in der Jahressteuererklärung erfolgen; diese ist jedoch – anders als im Urteilsfall – spätestens bis zum Ablauf der gesetzlichen Abgabefrist von Steuererklärungen (31. Mai des Folgejahres) unabhängig von einer Fristverlängerung abzugeben. Dies gilt auch für privat genutzte Pkw.
Der BFH ließ offen, ob
- die Zuordnungsentscheidung anders als durch die Umsatzsteuer-Jahreserklärung zulässig ist; nicht ausreichend ist jedoch die Aktivierung des Büros mit den Netto-Herstellungskosten in der Bilanz;
- bei "gestreckten Herstellungsvorgängen" für den Zeitpunkt der Zuordnung auf die einzelnen Leistungsbezüge oder auf den Zeitpunkt der Fertigstellung des mit den Einzelbezügen hergestellten Gebäudes abzustellen ist.
Erfolgt die für den Vorsteuerabzug erforderliche Zuordnung zum Unternehmen nicht in der erstmaligen Umsatzsteuer-Jahreserklärung, führt die erstmalige Zuordnung in einer berichtigten Umsatzsteuer-Jahreserklärung nicht zum gewünschten Vorsteuerabzug (OFD Karlsruhe, Verfügung v. 25.8.2011, Karte 5 zu S 7300). In der Praxis sollte daher die Zuordnung "durch Vorsteuerabzug"unbedingt in der Voranmeldung erfolgen.
Verwendet – wie im hier – nur einer der Ehegatten einen Gebäudeteil ausschließlich unternehmerisch, steht diesem Ehegatten der gesamte Vorsteuerabzug für den von ihm unternehmerisch verwendeten Gebäudeteil zu, jedoch begrenzt in Höhe seines Miteigentumsanteil (Abschn. 15.2. Abs. 16 S. 11 UStAE).
Hinweis
Nach dem seit 1.1.2011 geltenden § 15 Abs. 1b UStG (vgl. § 27 Abs. 16 UStG) ist bei gemischt genutzten Gebäuden aus dem privaten Wohnteil ein Vorsteuerabzug nicht (mehr) zulässig. Die Berichtigung des Vorsteuerabzugs nach § 15a UStG aufgrund späterer Nutzungsänderungen setzt jedoch voraus, dass das Gesamtgebäude von Anfang an dem Unternehmen zugeordnet wurde. Insoweit ist dieses BFHUrteil in der Praxis unbedingt zu beachten.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 7.7.2011, V R 42/09.