Leitsatz
Wohnungen, deren einzelne Zimmer in der Regel für zwölf Monate an obdachlose Suchtkranke vermietet werden, um sie auf ein selbständiges Wohnen vorzubereiten, dienen der entgeltlichen Überlassung zu Wohnzwecken i.S. des § 3 Abs. 1 InvZulG 1999.
Sachverhalt
Die Investorin, Eigentümerin eines Gebäudes im Fördergebiet, vermietete zwei Wohnungen an einen Drogenhilfe-Verein. Der Verein vermietete die Zimmer für längstens zwölf Monate an obdachlose Suchtkranke weiter, die eine Entwöhnungsbehandlung durchgeführt hatten oder auf eine Therapie warteten. Sie erhielten Zimmerschlüssel und waren verpflichtet, an pädagogischen Maßnahmen teilzunehmen. Das Finanzamt lehnte die Zulagenbegünstigung für Modernisierungsmaßnahmen an entgeltlich zu Wohnzwecken überlassenen Gebäuden nach § Abs. 1 InvZulG 1999 ab, da die Räume vorrangig pädagogischen Zwecken dienten. Das FG wies die Klage mit der Begründung ab, die Bewohner übten keine Sachherrschaft über die Wohnungen insgesamt aus, da sie auf die Auswahl der Mitbewohner keinen Einfluss hätten und ihnen für Küche, Bad und WC lediglich ein Mitbenutzungsrecht zustehe.
Entscheidung
Der BFH gab der Investorin Recht. Ein Gebäude dient Wohnzwecken, wenn die Räume eine eigenständige Haushaltsführung ermöglichen und die Bewohner die tatsächliche und rechtliche Sachherrschaft darüber haben. Als Mindestausstattung müssen Heizung, Küche, Bad und Toilette vorhanden sein. Die Räume müssen aber nicht die Merkmale des Wohnungsbegriffs erfüllen. Es reicht deshalb aus, wenn die Bewohner durch Mitbenutzung der Gemeinschaftsräume einen eigenen Haushalt führen können. Denn der Zweck, den Mietwohnungsbestand zu erhalten, wird auch bei Vermietung einer Wohnung an mehrere Untermieter, z.B. bei einer Wohngemeinschaft, erreicht. Anders ist es bei Räumen, die nur für vorübergehende Aufenthalte bestimmt sind, z.B. Ferienwohnungen, Hotelzimmer und Sanatoriumszimmer. Im Streitfall strebte der Verein eine Untervermietung von mehr als sechs Monaten an. Im Regelfall sollten die Zimmer für zwölf Monate vermietet werden. Auch der therapeutische Zweck steht der Überlassung zu Wohnzwecken nicht entgegen.
Praxishinweis
Die Entscheidung entspricht dem Urteil vom 15.12.2005 zur Überlassung von Zimmern in einem Seniorenpflegeheim. Der BFH hat darin ebenfalls eine entgeltliche Überlassung zu Wohnzwecken i.S. von § 3 Abs. 1 InvZulG 1999 anerkannt, obwohl für Küche und Bad/WC nur eine Mitbenutzungsmöglichkeit bestand. Der Zutritt des Pflegepersonals und die Erbringung von Pflege- und Betreuungsleistungen neben der Wohnraumüberlassung stehen der tatsächlichen Sachherrschaft der Bewohner nicht entgegen.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 15.12.2005, III R 27/05