Leitsatz (amtlich)
Ermittelt ein Land- und Forstwirt seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG, so hat er laufende Pachtzahlungen in dem Wirtschaftsjahr zu erfassen, zu dem sie wirtschaftlich gehören, wenn sie kurze Zeit vor Beginn oder nach Ende dieses Wirtschaftsjahres zufließen.
Sachverhalt
Der Kläger hatte seinen landwirtschaftlichen Betrieb zum 1.7.1990 an seinen Sohn verpachtet. Die Pachtzahlungen waren vierteljährlich zu zahlen und nachträglich jeweils zum 1.10., 1.1., 1.4. und 1.7. eines Kalenderjahres fällig. Sie wurden vom Pächter durch Dauerauftrag spätestens am 5. des Fälligkeitsmonats überwiesen. Der Kläger ermittelte seinen Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG. In seiner Einnahmen-Überschussrechnung für das Wirtschaftsjahr 1990/91 erfasste er nur die Pachteinnahmen für den Zeitraum von Juli 1990 bis März 1991 in Höhe von 54 000 DM. Das Finanzamt erhöhte den Gewinn für das Wirtschaftsjahr 1990/91 um Pachteinnahmen von 18 000 DM für den Zeitraum April bis Juni 1991. Die Klage hatte Erfolg. Der BFH hob die Vorentscheidung auf und wies die Klage ab.
Entscheidungsgründe
Das FG ist zu Unrecht davon ausgegangen, dass die am 1.7.1991 fällig gewordene Pachtzahlung von 18 000 DM nicht dem Wirtschaftsjahr 1990/91 zuzurechnen ist. Nach § 11 Abs. 1 Satz 1 EStG sind Einnahmen innerhalb des Kalenderjahres bezogen, in dem sie dem Steuerpflichtigen zugeflossen sind. Im Rahmen der Gewinnermittlung nach § 4 Abs. 3 EStG erhöhen diese Zuflüsse als Betriebseinnahmen den Gewinn dieses Kalenderjahres. Als Ausnahme von diesem Grundsatz sieht § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG für gewisse Fälle eine periodengerechte Berücksichtigung von Einnahmen vor. Danach gelten regelmäßig wiederkehrende Einnahmen, die dem Steuerpflichtigen kurze Zeit vor oder kurze Zeit nach Beendigung des Kalenderjahres zugeflossen sind, als in dem Kalenderjahr bezogen, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Für die wirtschaftliche Zuordnung der wiederkehrenden Einnahmen kommt es nicht darauf an, ob sie noch in dem Kalenderjahr fällig ge worden sind, für das sie geleistet worden sind. Der Wortlaut des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG stellt nicht auf die Fälligkeit der Einnahmen ab, so dass eine erst im nächsten Kalenderjahr fällig werdende Zahlung noch in dem Zeitraum zu berücksichtigen ist, zu dem sie wirtschaftlich gehört. Diese Ausnahme vom sog. Zu- und Abflussprinzip greift auch ein, wenn das Wirtschaftsjahr vom Kalenderjahr abweicht. Seinem Wortlaut nach regelt § 11 EStG zwar nur die Zuordnung der Einnahmen und Ausgaben zu einem bestimmten Kalenderjahr. Seinem Grundgedanken nach will er aber damit sicherstellen, dass die Einnahmen und Ausgaben in dem für die Besteuerung relevanten Zeitabschnitt erfasst werden, zu dem sie wirtschaftlich gehören. Das ist hier das am 30.6.1991 abgelaufene Wirtschaftsjahr. Wie sich aus § 11 Abs. 1 Satz 4 EStG ergibt, gilt § 11 EStG für Steuerpflichtige, die ihren Gewinn nach § 4 Abs. 3 EStG ermitteln, und somit auch für Land- und Forstwirte, für die § 4a EStG das Wirtschaftsjahr abweichend vom Kalenderjahr festlegen.
Entgegen der Ansicht des Klägers ist Sinn des § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG nicht, nur die Zuordnung für solche wiederkehrenden Einnahmen zu regeln, die noch in dem abgelaufenen Kalenderjahr (Wirtschaftsjahr) fällig geworden sind. Vielmehr will § 11 Abs. 1 Satz 2 EStG Zufallsergebnisse vermeiden, die bei strikter Anwendung des Zu- und Abflussprinzips dazu führen könnten, dass eine Einnahme mal erfasst und mal nicht erfasst werden würde, und zwar unabhängig davon, ob der Schuldner sie am Ende des abgelaufenen Kalenderjahres oder zu Beginn des neuen Kalenderjahres zu erbringen hat.
Link zur Entscheidung
BFH vom 23.9.1999 - IV R 1/99