Leitsatz

Betreibt ein Steuerpflichtiger aus einem Urteil die Zwangsvollstreckung gegen Erbringung einer selbstschuldnerischen Bankbürgschaft und vereinbart er mit der Bank als Sicherheit für die Bürgschaft die Hinterlegung des erstrittenen Geldbetrags auf einem verzinslichen Sperrkonto, fließen ihm die Zinsen im Zeitpunkt der jeweiligen Gutschrift auf dem Sperrkonto zu.

 

Sachverhalt

Eine Ärztin war an einer Gemeinschaftspraxis beteiligt. Nach ihrem Ausscheiden kam es zwischen ihr und ihren früheren Mitgesellschaftern zu einem Rechtsstreit über Gewinnanteile. Mit Urteil vom 4.2.1998 erstritt die Steuerpflichtige einen Betrag von 2,3 Mio. DM zzgl. Zinsen gegen die von ihr verklagten Mitgesellschafter; das Urteil war vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung, die auch durch die selbstschuldnerische Bürgschaft einer Großbank erbracht werden konnte. Die Ärztin machte von dieser Möglichkeit Gebrauch und veranlasste seitens der X-Bank die Stellung einer selbstschuldnerischen Bürgschaft. Im Gegenzug hat die Steuerpflichtige mit der X-Bank vereinbart, den erstrittenen Gesamtbetrag bis zum Ergehen eines rechtskräftigen Urteils auf einem Sperrkonto als Sicherheit für die Bürgschaft zu hinterlegen. Der zivilrechtliche Rechtsstreit endete zugunsten der Steuerpflichtigen. Nach Verfahrensbeendigung gab die X-Bank das gesperrte Konto frei. Die Steuerpflichtige ging davon aus, dass dadurch der steuerliche Zufluss der Zinsen nach § 11 EStG bewirkt werde und erklärte diese Zinsen als Einnahmen aus Kapitalvermögen.

Der BFH entscheidet, dass der Steuerpflichtigen die Zinsen nicht erst im Zeitpunkt der Freigabe des Kontos bei der X-Bank im Jahre 2002 zugeflossen sind, sondern bereits zum Zeitpunkt der jeweiligen Gutschriften auf dem Konto, d.h. in den Veranlagungszeiträumen 1998, 1999, 2000 und 2001. Der Umstand, dass es sich bei dem Konto, auf das die Zinsen geflossen sind, um ein sog. Sperrkonto gehandelt hat, steht dem Zufluss der Zinsen nicht entgegen. Zivilrechtliche Inhaberin des Kontos, auf welchem die Zahlung der zivilrechtlich Beklagten einging, war die Steuerpflichtige; das Konto lautete auf ihren Namen und nicht auf den Namen der X-Bank oder auf den Namen der Beklagten des von der Steuerpflichtigen betriebenen zivilrechtlichen Verfahrens. Die Steuerpflichtige hat im Zeitpunkt der Kontogutschriften die wirtschaftliche Verfügungsmacht über die Zinsen erlangt.

 

Link zur Entscheidung

BFH, Urteil v. 28.9.2011, VIII R 10/08.

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