Leitsatz
- Ob Grundbesitz zu einem Gewerbebetrieb gehört und deshalb ein Betriebsgrundstück im bewertungsrechtlichen Sinn ist, ist nach ertragsteuerrechtlichen Grundsätzen zu entscheiden, soweit § 99 Abs. 2 BewG keine Sonderregelungen vorsieht.
- § 99 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG betrifft nur Grundstücke, die ertragsteuerrechtlich teilweise Betriebs- und teilweise Privatvermögen sind.
Sachverhalt
Der 1997 verstorbene Erblasser hatte auf den Grundstücken A und B ein Ladengeschäft betrieben, dieses später auf das Grundstück A beschränkt und den Laden auf dem Grundstück B vermietet. Das Grundstück B bilanzierte er weiterhin und ordnete die Einkünfte aus der Vermietung dem Gewerbebetrieb zu. Der auf dem Grundstück B befindliche Lagerraum stand zum Todeszeitpunkt leer. Das Finanzamt stellte den Wert des Grundstücks B gesondert und einheitlich fest, ohne festzustellen, dass das Grundstück ein Betriebsgrundstück ist und zum Gewerbebetrieb gehört. Hiergegen wenden sich die Erben und beantragen, eine solche Feststellung zu treffen.
Entscheidung
Bei der gesonderten Feststellung der Werte für Betriebsgrundstücke sind nach § 138 Abs. 5 Satz 2 Nr. 1 BewG auch Feststellungen über die Art der wirtschaftlichen Einheit zu treffen, bei Betriebsgrundstücken, die zu einem Gewerbebetrieb gehören, auch über den Gewerbebetrieb.
Unter welchen Voraussetzungen Grundbesitz zu einem Gewerbebetrieb gehört, richtet sich bei Einzelgewerbetreibenden nach § 95 BewG. Danach umfasst das Betriebsvermögen alle Teile eines Gewerbebetriebs i.S. des § 15 Abs. 1 und 2 EStG, die bei der steuerlichen Gewinnermittlung zum Betriebsvermögen gehören. Ist ein Wirtschaftsgut weder notwendiges Privatvermögen noch notwendiges Betriebsvermögen, so kann es gewillkürtes Betriebsvermögen sein, wenn es objektiv geeignet und subjektiv dazu bestimmt ist, den Betrieb zu fördern. § 99 Abs. 2 Sätze 1 und 2 BewG steht dem nicht entgegen. Die Vorschrift betrifft nur Grundstücke mit unterschiedlichen Nutzungen. In solchen Fällen ist das Grundstück – abweichend von der ertragsteuerrechtlichen Aufteilung – je nach dem Wert, zu dem es dem Gewerbebetrieb des Einzelunternehmers dient, bewertungsrechtlich insgesamt als Betriebsgrundstück oder als zum Grundvermögen gehörend zu beurteilen.
Das Grundstück B war beim Eintritt des Erbfalls ein zum Gewerbebetrieb des Erblassers gehörendes Betriebsgrundstück. Denn es war ertragsteuerrechtlich durch die Nutzung für das Ladengeschäft des Erblassers Betriebsvermögen seines Gewerbebetriebs geworden und hatte diese Eigenschaft weder durch die teilweise Vermietung noch durch den Leerstand verloren.
Praxishinweis
Die Entscheidung hat nicht nur Bedeutung für Einzelgewerbetreibende, sondern auch für Betriebsvermögen von Freiberuflern und Körperschaften bzw. Personenvereinigungen i.S. von § 97 BewG, für Gesellschaften i.S. des § 97 Abs. 1 Nr. 5 BewG jedoch nur, wenn sie eine gewerbliche Tätigkeit ausüben.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 27.10.2004, II R 8/01