Der Trick mit der Verjährung
Die Verjährungsfrist für den Auskunftsanspruch des Ausgleichspflichtigen über illoyale Vermögensminderungen des Ausgleichsberechtigten für den Zeitraum vor der Trennung beginnt frühestens mit der Zustellung des Zugewinnausgleichsantrags des Ausgleichsberechtigten. So entschied jüngst das OLG Stuttgart in folgendem Fall:
Die Ehegatten streiten über Zugewinnausgleichsansprüche nach rechtskräftiger Ehescheidung im Oktober 2012. Ganz knapp vor Jahresende 2015 (und damit dem Eintritt der Verjährung) reicht die Ehefrau ihren Auskunftsstufenantrag ein. Nach Zustellung des Antrags Anfang des Jahres 2016 an den Ehemann stellt dieser Widerantrag auf Auskunft unter anderem über illoyale Vermögensminderungen seit Beginn der Ehe im Jahr 1988. Mit der Begründung, der Auskunftsanspruch sei verjährt, weist das Familiengericht den Antrag des Ehemanns zurück. Seine Beschwerde hat Erfolg.
Komplizierte Rechtslage
Grundsätzlich folgt die Verjährung des Auskunftsanspruchs der Verjährung des eigenen Zugewinnausgleichsanspruchs, beginnt also mit Schluss des Jahres der Rechtskraft der Ehescheidung. Die Beweislastumkehr des § 1375 Abs. 2 Satz 2 BGB führt dazu, dass eine nicht aufklärbare Vermögensminderung nach der Trennung zulasten des hierüber Auskunftspflichtigen geht, sodass auch ohne entsprechenden Auskunftsanspruch des anderen Ehegatten nach Eintritt der Verjährung die illoyale Vermögensminderung durch Zurechnung zum Endvermögen ausgeglichen wird.
Das gilt jedoch nicht für illoyale Vermögensminderungen in der Zeit vor der Trennung. Für den Zeitraum vor der Trennung gilt die Beweislastumkehr nach Meinung des OLG Stuttgart nicht, sodass eine konkrete Darlegung des anderen Ehegatten sowohl darüber nötig ist, welches Vermögen zu welchem Zeitpunkt vorhanden war als auch darüber, warum die Vermögensminderung auf eine nicht ordnungsgemäße Wirtschaftsführung zurückzuführen ist. Die Tatsache, dass eine derartige Auseinandersetzung mit der Verhaltensweise der Ehefrau für die Zeit vor der Trennung nötig ist, wurde dem Ehemann nicht bereits mit Rechtskraft der Ehescheidung bekannt, sondern erst nach Einreichen des Stufenantrags der Ehefrau.
Beginn der Verjährung
Daher beginnt die Verjährungsfrist für den Auskunftsanspruch über illoyale Vermögensminderungen in der Zeit vor der Trennung erst mit Schluss des Jahres, in dem der Zugewinnausgleichsantrag zugestellt wurde und ist vorliegend noch nicht abgelaufen. Dass ein eigener Ausgleichsanspruch bereits verjährt wäre, steht dem nicht entgegen. Ein Rechtsschutzbedürfnis ist allerdings nur für den Zeitraum anzuerkennen, der ausgehend vom Stichtag für das Endvermögen nicht länger als 10 Jahre zurückliegt (§ 1375 Abs. 3 BGB).
Klärung durch BGH?
Hinweis: Das OLG Stuttgart hat die Rechtsbeschwerde zugelassen. Bis zu einer etwaigen Entscheidung des Bundesgerichtshofs ist damit offen, ob der Trick mit der Geltendmachung des Zugewinnausgleichs kurz vor Verjährungseintritt weiterhin funktioniert oder nicht. Sicherheitshalber sollten bis zu einer Entscheidung des BGH potenzielle Zugewinnausgleichsschuldner selbst für eine rechtzeitige Hemmung der Verjährung ihres Auskunftsanspruchs sorgen, um nicht in die Verjährungsfalle zu gehen.
(OLG Stuttgart, Beschluss v. 13.3.2017, 11 UF 83/16, NZFam 2017 S. 361 mit Anm. Löhnig; ferner Kogel, FamRB 2017 S. 289; NJW-Spezial 2017 S. 357)