Prof. Dr. Heinz-Jürgen Pezzer
Leitsatz
Orientiert sich der für eine Arztpraxis mit Vertragsarztsitz zu zahlende Kaufpreis ausschließlich am Verkehrswert, ist in dem damit abgegoltenen Praxiswert der Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt untrennbar enthalten.
Sachverhalt
A erwarb eine Facharztpraxis mit dem Stamm der gesetzlich versicherten Patienten. Der Kaufpreis entfiel überwiegend auf den Praxiswert, der anhand des bisher erzielten Umsatzes und Gewinns ermittelt wurde. Die Geschäftsgrundlage des Übernahmevertrags sollte entfallen, wenn A aus von ihm nicht zu vertretenden Gründen die Zulassung als Vertragsarzt nicht erhalten sollte. A führte die Praxis fort und schrieb den Praxiswert ab. Das Finanzamt sah dagegen die Hälfte des auf den Praxiswert entfallenden Kaufpreises als gesondertes, nicht abschreibungsfähiges Wirtschaftsgut "Vertragsarztzulassung" an. Die dagegen erhobene Klage hatte Erfolg.
Entscheidung
Der BFH wies die Revision als unbegründet zurück. Das FG hat es zu Recht abgelehnt, den Kaufpreis teilweise der Vertragsarztzulassung zuzuordnen. Das Entgelt für den Praxiswert hatten die Vertragsparteien allein am Umsatz bzw. Gewinn der Praxis ausgerichtet. Daneben hat der wirtschaftliche Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt keine eigenständige Bedeutung.
Kommentar
Praxishinweis
Der Kaufpreis für eine Arztpraxis besteht im Wesentlichen aus dem Praxiswert, einem abnutzbaren immateriellen Wirtschaftsgut. Wird eine Privatarztpraxis übertragen, besteht Niederlassungsfreiheit; insoweit ergeben sich steuerrechtlich keine Besonderheiten. Schwieriger wird es, wenn eine Vertragsarztpraxis übertragen wird:
- Der Erwerber muss als Vertragsarzt zugelassen werden.
- Der Verkäufer kann seine Vertragsarztzulassung nicht auf den Käufer übertragen, sondern muss bei der Kassenärztlichen Vereinigung die Fortführung der Praxis durch einen Nachfolger beantragen.
- Der Käufer soll die Zulassung nur erhalten, wenn der Zulassungsausschuss dessen Zahlungsfähigkeit und -willen feststellt. Dies gilt allerdings nur, soweit der Kaufpreis den Verkehrswert der Praxis nicht übersteigt. Orientiert sich der Kaufpreis allein am Verkehrswert der Praxis, ist in dem Praxiswert der Vorteil aus der Zulassung als Vertragsarzt untrennbar enthalten.
- Eine gesonderte Bewertung des Vorteils aus der Zulassung kommt auch aus praktischen Gründen nicht in Betracht, weil ein begründbarer Aufteilungs- und Bewertungsmaßstab nicht ersichtlich ist.
Auch wenn die Vertragsarztzulassung grundsätzlich kein selbstständiges Wirtschaftsgut neben dem Praxiswert ist, kann sie in Sonderfällen Gegenstand einer gesonderten Veräußerung und damit ein selbstständiges Wirtschaftsgut sein.
Dies ist der Fall, wenn der Käufer an den Verkäufer eine Zahlung für die Erlangung der Vertragsarztzulassung leistet, ohne jedoch dessen Praxis zu übernehmen, weil er den Vertragsarztsitz an einen anderen Ort verlegen will.
Link zur Entscheidung
BFH, 9.8.2011, VIII R 13/08.