BGH

Der Bundesgerichtshof hat die Anforderungen an die Anwendung der sogenannten strengen Wiederherstellungsklausel in der Wohngebäudeversicherung erläutert.

Der Kläger hatte bei der Beklagten eine Wohngebäudeversicherung zum gleitenden Neuwert abgeschlossen. Er forderte nach dem Brand seines Hauses, den die Beklagte mit einer Zeitwertentschädigung in Höhe von 134.501,59 EUR reguliert hatte, eine weitere Zahlung in Höhe von 47.268,74 EUR für den Neuwertanteil.

Abweichende Wohnflächenangaben

Die Wohnfläche des versicherten Hauses überstieg mit 171,29 m2 die im Versicherungsvertrag angegebene Wohnfläche von 116 m2. Deshalb kürzte die Beklagte den sachverständig ermittelten Zeitwertschaden von 198.610,16 EUR nach § 28 Abs. 2 der vereinbarten VGB 2010 entsprechend dem Flächenunterschied auf 134.501,59 EUR.

Der Kläger hatte noch innerhalb von 3 Jahren nach dem Brand auf seinem Grundstück mit dem Neubau eines Wohnhauses begonnen, welches infolge einer vergrößerten Wohnfläche und einer angebauten Garage eine um circa 37 % größere Grundrissfläche aufwies als das abgebrannte Haus. Er hatte auch einen Bauvertrag nach VOB mit einem Bauunternehmen abgeschlossen.

Strenge Wiederherstellungsklausel

Wie der BGH feststellt, richtet sich die sogenannte strenge Wiederherstellungsklausel nach ständiger Rechtsprechung an dem für den durchschnittlichen Versicherungsnehmer erkennbaren Zweck der Neuwertversicherung aus. Dieser liegt darin, den Schaden auszugleichen, der dem Versicherungsnehmer dadurch entsteht, dass er einen höheren Betrag als den Zeitwert aufwenden muss, wenn er das zerstörte Gebäude wiederherstellt. Auf diesen tatsächlichen Schaden ist der Umfang des Ersatzanspruchs allerdings beschränkt.

Zweck der Neuwertversicherung

Die Neuwertversicherung soll grundsätzlich nicht auch solche Aufwendungen abdecken, die durch wesentliche Verbesserungen des Gebäudes bei seiner Wiedererrichtung verursacht wurden.

Die Wiederherstellungsklausel soll deshalb zum einen die Bereicherung durch die Neuwertentschädigung auf den Teil beschränken, der das Bedürfnis für die Neuwertversicherung begründet, also auf die ungeplanten, dem Versicherungsnehmer erst durch den Versicherungsfall aufgezwungenen Ausgaben.

Zum anderen soll der Versicherer davor geschützt werden, dass der Versicherungsnehmer in Versuchung geraten könnte, sich durch Vortäuschen eines Versicherungsfalls Vermögensvorteile zu verschaffen. Solche unerwünschten Vermögensvorteile können auch darin bestehen, dass der Versicherungsnehmer zwar bereit ist, die durch eine Erweiterung oder wesentliche Veränderung des Neubaus gegenüber dem Vorgängergebäude entstehenden Mehrkosten selbst zu tragen, im Übrigen aber auf die Neuwertentschädigung für das abgebrannte Gebäude bei der Finanzierung des neuen Bauvorhabens zurückgreifen kann.

Schutzinteresse des Versicherers

Letztlich war es Sache des Tatrichters, anhand der gesamten baulichen Gegebenheiten festzustellen, ob das im Bau befindliche neue Gebäude des Klägers von gleicher Art und Zweckbestimmung ist wie das durch den Brand zerstörte Haus.

(BGH, Urteil v. 20.4.2016, IV ZR 415/14)

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