Leitsatz
Landwirtschaftlich genutzte Flächen, die dem Betriebsinhaber gehören, aber von ihm nicht selbst bewirtschaftet, sondern verpachtet werden, fallen nicht unter die Sonderregelung in § 69 Abs. 2 BewG. Die bloße Verpachtung eines Grundstücks stellt keine "ordnungsgemäße und nachhaltige" Bewirtschaftung im Sinne dieser Vorschrift dar.
Sachverhalt
A war am 1.1.1993 Eigentümer eines Grundstücks, das am Rand der Stadt B lag und seit 1985 nach Aberntung von Baumschulgewächsen zur Wahrung der landwirtschaftlichen Fruchtfolge für landwirtschaftliche Zwecke verpachtet war. Das Grundstück war seit 1987 im Flächennutzungsplan der Stadt als Wohnbaufläche ausgewiesen. 1993 bestimmte die Stadt für das Grundstück die Durchführung einer städtebaulichen Entwicklungsmaßnahme. Das Finanzamt stellte auf den 1.1.1993 für das Grundstück die Grundstücksart "unbebautes Grundstück" fest. A machte geltend, das Grundstück sei im landwirtschaftlichen Vermögen zu erfassen, blieb damit aber ohne Erfolg.
Entscheidung
Die zuvor zum landwirtschaftlichen Vermögen des A gehörenden Flächen sind nach § 69 Abs. 1 BewG bereits am Bewertungsstichtag (1.1.1993) dem Grundvermögen zuzurechnen, weil nach ihrer Lage, den im Feststellungszeitpunkt bestehenden Verwertungsmöglichkeiten und den sonstigen Umständen anzunehmen war, dass die Grundstücke in absehbarer Zeit anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken, insbesondere als Bauland dienen werden.
Die Voraussetzungen des § 69 Abs. 2 BewG liegen nicht vor. Danach sind u.a. solche Flächen, die von einer Stelle aus ordnungsgemäß und nachhaltig bewirtschaftet werden, nur dann dem Grundvermögen – und nicht dem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen – zuzurechnen, wenn mit großer Wahrscheinlichkeit anzunehmen ist, dass sie spätestens nach zwei Jahren anderen als land- und forstwirtschaftlichen Zwecken dienen werden. Diese Regelung soll verhindern, dass die Rentabilität eines Hofes durch eine vorzeitige Erfassung solcher Flächen als Grundvermögen und die damit verbundene höhere steuerliche Belastung (Grund-, Vermögen-, Erbschaftsteuer und Kammerbeiträge) beeinträchtigt wird.
Flächen, die dem Betriebsinhaber gehören, aber von ihm nicht selbst bewirtschaftet, sondern verpachtet werden, fallen nicht unter § 69 Abs. 2 BewG. Die bloße Verpachtung eines Grundstücks stellt keine "ordnungsgemäße und nachhaltige" Bewirtschaftung im Sinne dieser Vorschrift dar. Verpachtete Flächen sind aus "der Bewirtschaftung von der Hofstelle" des Betriebsinhabers, dem die Flächen gehören, ausgenommen. Die (höhere) steuerliche Belastung solcher Flächen kann die Rentabilität eines Hofes nicht mehr beeinträchtigen, sondern allenfalls die Pachteinnahmen schmälern.
Praxishinweis
§ 69 BewG, der die Frage regelt, ob am maßgebenden Stichtag noch land- und forstwirtschaftlich genutztes "Bauerwartungsland" dem Grundvermögen zuzurechnen sind, gilt nach § 138 Abs. 3 Satz 1 BewG auch für Zwecke der Erbschaft- und Schenkungsteuer im Rahmen der Bedarfsbewertung. Die steuerlichen Folgen sind erheblich. Während für land- und forstwirtschaftliche Flächen wegen der extremen Unterbewertung sowie der Regelung in § 13a ErbStG praktisch keine Steuer anfällt, werden dem Grundvermögen zuzurechnende unbebaute Grundstücke nach § 145 Abs. 3 BewG mit 80 % der Bodenrichtwerte und damit auf Verkehrswertniveau besteuert.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil vom 13.08.2003, II R 48/01BFH-Urteil vom 13.8.2003, II R 48/01