Prof. Dr. Bernd Heuermann
Leitsatz
Hat der Steuerpflichtige neben außerordentlichen Einkünften i.S.v. § 34 Abs. 2 EStG auch steuerfreie Einnahmen i.S. v. § 32b Abs. 1 EStG bezogen, sind diese in der Weise in die Berechnung nach § 34 Abs. 1 EStG einzubeziehen, dass sie in voller Höhe dem verbleibenden zu versteuernden Einkommen hinzugerechnet werden (Anschluss an BFH, Urteil v. 17.1.2008, VI R 44/07, BFH/NV 2008 S. 666).
Sachverhalt
Arbeitnehmer K bezog eine Entschädigung von 56.526 EUR, welche die Voraussetzungen des § 34 Abs. 1 EStG erfüllte, sowie steuerfreie Aufstockungsbeträge von 3.951 EUR, die dem Progressionsvorbehalt unterlagen. Das Finanzamt wandte die integrierte Methode an und berechnete eine Einkommensteuer von 8.900 EUR. Das FG bevorzugte eine additive Methode und kam zu einer Einkommensteuer von 6.605 EUR. Der BFH hob die Entscheidung des FG auf.
Entscheidung
Das Finanzamt berechnete die Einkommensteuer, indem es neben den außerordentlichen Einkünften die steuerfreien Einnahmen so einbezog, dass sie zu Ermittlung des Steuersatzes nach § 32b Abs. 2 EStG jeweils in voller Höhe zum verbleibenden zu versteuernden Einkommen addiert wurden, statt sie nur zu einem Fünftel hinzuzurechnen.
Nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG beträgt die für die außerordentlichen Einkünfte anzusetzende Einkommensteuer das Fünffache der Differenz zwischen der Einkommensteuer für das um diese Einkünfte verminderte zu versteuernde Einkommen (verbleibendes zu versteuerndes Einkommen) und der Einkommensteuer für das verbleibende zu versteuernde Einkommen zuzüglich 1/5 dieser Einkünfte.
Indem das Gesetz auf "die Einkommensteuer" Bezug nimmt, die auf das verbleibende zu versteuernde Einkommen entfällt, verweist es auf die Tarifvorschriften, zu denen auch § 32b EStG gehört. Deshalb schreibt das Gesetz eine integrierte Steuerberechnung vor. Die additive Methode hat im Gesetz keine Grundlage. Die Fünftelung bezieht sich nur auf die außerordentlichen Einkünfte, nicht auf die dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte. Diese sind erst bei der Ermittlung der nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG maßgebenden Einkommensteuerbeträge zu berücksichtigen.
Daher ist auch bei der Steuerberechnung nach § 34 Abs. 1 Satz 2 EStG der besondere Steuersatz des § 32b Abs. 2 EStG auf das zu versteuernde Einkommen anzuwenden. Das läuft dem Zweck des Progressionsvorbehalts nicht zuwider, der eine Steuerentlastung verhindern will, die sich daraus ergibt, dass aufgrund des progressiven Tarifs auf das zu versteuernde Einkommen infolge der Steuerfreiheit der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte ein niedrigerer Steuersatz anzuwenden wäre als bei Steuerpflicht dieser Einkünfte. Allerdings darf die Anwendung des § 32b EStG auch nicht zu einer höheren Steuerbelastung führen als bei einer Steuerpflicht der dem Progressionsvorbehalt unterliegenden Einkünfte.
Link zur Entscheidung
BFH, 22.09.2009, IX R 93/07.