Leitsatz

Seit der Neufassung des § 1 a Abs. 1 EStG 2002 durch das JStG 2008 können unbeschränkt einkommensteuerpflichtige Staatsangehörige der EU/des EWR die Zusammenveranlagung mit ihrem im EU/EWR-Ausland lebenden Ehegatten auch dann beanspruchen, wenn die gemeinsamen Einkünfte der Ehegatten zu weniger als 90 % der deutschen Einkommensteuer unterliegen oder die ausländischen Einkünfte der Ehegatten den doppelten Grundfreibetrag übersteigen.

 

Sachverhalt

K war im Streitjahr 2008 im Inland als Arbeitnehmer tätig, unterhielt einen beruflich veranlassten doppelten Haushalt und erzielte Einkünfte von 27.292 EUR. Seine Ehefrau E wohnte in Polen am Familienwohnsitz und bezog dort Einkünfte von 9.849 EUR. K und E beantragten die Zusammenveranlagung.

Dies lehnten Finanzamt und FG ab.

 

Entscheidung

Der BFH gab der Klage auf Zusammenveranlagung statt.

Auf das Überschreiten der Grenzwerte des § 1 Abs. 3 Satz 1 i.V.m. § 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG i.d.F. des JStG 2008 kommt es nicht (mehr) an.

 

Hinweis

Die Zusammenveranlagung von Ehegatten setzt grundsätzlich die unbeschränkte Steuerpflicht beider voraus. Angehörige eines EU- bzw. EWR-Staats, die nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig oder nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig zu behandeln sind, können nach § 1 a Abs. 1 Nr. 2 EStG jedoch beantragen, dass ihr nicht dauernd getrennt lebender Ehegatte ohne Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt im Inland für die Zusammenveranlagung als unbeschränkt einkommensteuerpflichtig behandelt wird.

Weitere Einschränkungen bestehen nicht. Zwar forderte die Altfassung des § 1 a Abs. 1 EStG für die Ehegattenveranlagung zusätzlich, dass der unbeschränkt steuerpflichtige Ehegatte auch die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Satz 2–4 EStG erfüllt musste. Da danach letztlich auf die Einkünfte beider Ehegatten abzustellen und der Betrag von 6.136 EUR zu verdoppeln war, war eine Zusammenveranlagung nur möglich, wenn die Einkünfte beider Ehegatten zu mindestens 90 % der deutschen Einkommensteuer unterlagen und die nicht der deutschen Einkommensteuer unterliegenden Einkünfte 12.272 EUR nicht überstiegen.

Diese Rechtslage wurde jedoch durch das JStG 2008 geändert. Der unbeschränkt steuerpflichtige Ehegatte muss nicht mehr zusätzlich die Voraussetzungen des § 1 Abs. 3 Satz 2–4 EStG erfüllen. § 1 a Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG gilt seither nur für nach § 1 Abs. 3 EStG als unbeschränkt steuerpflichtig behandelte Ehegatten. Nur in diesem Fall kommt es zur Anwendung des § 1 Abs. 3 EStG, und nur in diesem Fall ist gem. § 1 a Abs. 1 Nr. 2 Satz 3 EStG auf die Einkünfte beider Ehegatten abzustellen und der Grundfreibetrag nach § 32 a Abs. 1 Satz 2 Nr. 1 EStG zu verdoppeln.

 

Link zur Entscheidung

BFH, 08.09.2010, I R 28/10.

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