Prof. Dr. Stefan Schneider
Leitsatz
- Zuschläge für tatsächlich nicht geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit, die in dem nach § 11 MuSchG gezahlten Mutterschutzlohn enthalten sind, sind nicht nach § 3b EStG steuerfrei (Bestätigung der Rechtsprechung).
- § 3b EStG führt auch nicht mittelbar zu einer Diskriminierung von Frauen und begegnet deshalb keinen verfassungs- oder europarechtlichen Bedenken.
Sachverhalt
Die Klägerin, eine Flugbegleiterin, wurde als Bodenpersonal eingesetzt, weil sie angesichts ihrer Schwangerschaft nach dem Mutterschutzgesetz keine Sonntags-, Feiertags-, Nacht- und Mehrarbeit leisten durfte. Für die dennoch erhaltene entsprechende Schichtzulage machte sie die Steuerfreiheit nach § 3b EStG geltend. Das FG wies die Klage ab und ließ die Revision nicht zu.
Entscheidung
Der BFH wies die Nichtzulassungsbeschwerde als unbegründet ab. Angesichts der bisherigen Rechtsprechung, Zuschläge nur dann als steuerfrei zu behandeln, wenn sie – entsprechend dem Wortlaut des § 3b EStG – für tatsächlich geleistete Arbeit gezahlt werden, ergab sich keine klärungsbedürftige Rechtsfrage. "Ersatzzahlungen" erfüllen diese Voraussetzung nicht. Der BFH beurteilt § 3b EStG als grundsätzlich gleichheitswidrige Ausnahmevorschrift, die keine Grundlage dafür bieten kann, die Gleichheitswidrigkeit auszuweiten.
Die Frage, ob Zuschläge für Sonntags-, Feiertags- oder Nachtarbeit, die aufgrund tarifvertraglicher Vereinbarungen und nach § 11 MuSchG gezahlt werden, nach § 3b EStG steuerfrei sind, ist schon geklärt und nicht mehr grundsätzlich bedeutsam. Denn Regelungszweck des § 3b EStG ist, das Entgelt "für" Arbeiten zu besonders ungünstigen Zeiten zu begünstigen. Zugleich liegt darin ein (verfassungs)rechtliches Problem: § 3b EStG ist – wie andere Steuerbefreiungen auch – eine Ausnahmevorschrift, die das Leistungsfähigkeitsprinzip durchbricht. Deshalb ist eine über den Wortlaut hinausgehende Auslegung der Vorschrift auch bei der Zahlung von Zuschlägen für werdende Mütter nach § 11 MuSchG abzulehnen.
Dieses Ergebnis gilt trotz Art. 6 Abs. 4 GG sowie trotz des Gebots, faktische Benachteiligungen zu verhindern und die Lebensverhältnisse von Frauen und Männern anzugleichen. Aus diesen Vorgaben kann nur eine weitere Gleichbehandlung, aber keine Fortschreibung einer Ungleichbehandlung abgeleitet werden, wie sie die Ausnahmevorschrift des § 3b EStG enthält. Schließlich ist § 3b EStG keine unzulässige geschlechtsspezifische Differenzierung zu entnehmen; § 3b EStG gilt nicht nur für werdende Mütter, sondern für alle Arbeitnehmer.
Link zur Entscheidung
BFH, Beschluss vom 27.05.2009, VI B 69/08.