Trickreiche Schuldner
Nicht selten wird durch einen Grundstückseigentümer am Grundstück ein Nutzungsrecht (Nießbrauch oder Wohnungsrecht) bestellt, um die Zwangsvollstreckung in das Grundstück zu behindern. Doch hier kann eine Klage nach dem Anfechtungsgesetz dem Gläubiger helfen – wie in folgendem Fall:
Zwangsversteigerung
Auf Antrag der Gläubigerin wurde im Jahre 2010 aufgrund dinglicher und persönlicher Ansprüche die Zwangsversteigerung des Grundbesitzes des Schuldners angeordnet. Auf dem Grundstück lastet ein zugunsten der Ehefrau des Schuldners bestellter lebenslanger, unentgeltlicher Nießbrauch, der 2 Jahre zuvor in das Grundbuch eingetragen worden ist. Im Jahr 2009 war für die Gläubigerin eine Sicherungshypothek eingetragen. Auf eine von der Gläubigerin auf §§ 4, 11 AnfG gestützte Anfechtungsklage wurde die Nießbrauchsberechtigte im Jahr 2011 rechtskräftig verurteilt, von dem zu ihren Gunsten auf dem obigen Grundbesitz eingetragenen Nießbrauch der Gläubigerin gegenüber keinen Gebrauch zu machen und in die Auszahlung des bei der Zwangsversteigerung auf diese Position entfallenden Erlöses an die Gläubigerin bis zum Betrag von deren Forderung einzuwilligen.
Nießbrauchsberechtigte als Meistbietende
Im Versteigerungstermin beantragte die Gläubigerin, die Versteigerungsbedingungen gemäß § 59 ZVG dahingehend abzuändern, dass von einem Erlöschen des Nießbrauchs auszugehen und dieser nicht in das geringste Gebot aufzunehmen sei. Das Amtsgericht wies den Antrag im Versteigerungstermin zurück. Es setzte das geringste Gebot in der Weise fest, dass der Nießbrauch als bestehen bleibendes Recht mit einem Zuzahlungsbetrag von 78.000 EUR bewertet und der bar zu zahlende Betrag des geringsten Gebots auf 4778,58 EUR festgesetzt wurde. Die Nießbrauchsberechtigte blieb im Versteigerungstermin Meistbietende mit einem Bargebot von 11.200 EUR. Mit Beschluss vom gleichen Tage hat das Amtsgericht der Meistbietenden den Zuschlag zu den Versteigerungsbedingungen erteilt. Die sofortige Beschwerde der Gläubigerin hat das Landgericht zurückgewiesen.
Anfechtung erfolgreich
Doch der Bundesgerichtshof (BGH) sieht das anders und entschied im Rechtsbeschwerdeverfahren: Ist ein Anfechtungsgegner verurteilt worden, von seinem Recht an einem Grundstück gegenüber einem nachrangigen Grundpfandgläubiger keinen Gebrauch zu machen, kann dieser in der Zwangsversteigerung verlangen, dass das ihm vorgehende Recht abweichend von § 44 Abs. 1 ZVG nicht in das geringste Gebot aufgenommen wird. Einer Zustimmung des Anfechtungsgegners bedarf es nicht.
Hinweis: Die Anfechtung als unentgeltliche Leistung nach § 4 AnfG kann nur durch einen nachrangigen Gläubiger einer Zwangssicherungshypothek nach §§ 866, 867 ZPO oder durch einen persönlich betreibenden Gläubiger der Immobiliarvollstreckung in der Rangklasse des § 10 Abs. 1 Nr. 5 ZVG in Betracht kommen. Die Anfechtung wegen vorsätzlicher Benachteiligung kann bei nahestehenden Personen interessant sein.
(BGH, Beschluss v. 12.9.2013, V ZB 195/12, NZI 2014 S. 116 mit Anm. Keller)