Leitsatz
Die Zuteilung der Identifikationsnummer und die dazu erfolgte Datenspeicherung sind mit dem Recht auf informationelle Selbstbestimmung und sonstigem Verfassungsrecht vereinbar.
Sachverhalt
Das Bundeszentralamt für Steuern (BZSt) hatte K im Jahr 2008 eine Identifikationsnummer (ID) zugeteilt. Daraufhin hatte K geklagt und beantragt, die ID sowie die hierzu gespeicherten Daten zu löschen. Klage und Revision hatten keinen Erfolg. Hiergegen wird voraussichtlich Verfassungsbeschwerde eingelegt werden.
Hinweis
Die ID dient der Modernisierung des Besteuerungsverfahrens. Mit ihrer Hilfe sollen Steuerquellen vollständig erfasst und eine gesetz- und gleichmäßige Besteuerung sichergestellt werden. Dazu wird der Anwendungsbereich der ID ständig erweitert.
Die Vereinbarkeit der ID mit dem Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung ist wegen des überwiegenden Allgemeininteresses an der Zuteilung und Verwendung der ID sowie der damit verbundenen Datenspeicherung zu bejahen. Mit der ID trägt der Gesetzgeber insbesondere seiner Verpflichtung zur Herstellung der Besteuerungsgleichheit Rechnung.
Die verfassungsrechtliche Prüfung hat die Auswirkungen der Einführung der ID zu berücksichtigten. Die ID
- ermöglicht die Zuordnung per Datenfernübertragung übersandter Rentenbezugsmitteilungen sowie Vorsorgeaufwendungen zu den Steuerpflichtigen;
- bildet die Grundlage für die Ersetzung der Lohnsteuerkarte, was zum Bürokratieabbau führt und Fälschungsmöglichkeiten bei den bisherigen Lohnsteuerkarten beseitigt;
- wird künftig zur Vermeidung von Ausfällen bei der Kapitalertragsteuer beitragen und den Abzug der Kirchensteuer vom Kapitalertrag ermöglichen;
- eröffnet Kontrollmöglichkeiten beim Kapitalertragsteuerabzug von ausländischen Versicherungs- und Zinserträgen;
- trägt beim Bezug von Kindergeld zur Vermeidung von Missbrauch bei.
Der Eingriff der ID in das Recht auf informationelle Selbstbestimmung ist relativ gering, weil die ID lediglich ein behördliches Ordnungsmerkmal darstellt, die Voraussetzungen der Erhebung und Verwendung der ID restriktiv geregelt sind und die beim BZSt gespeicherten Daten weder eine gesteigerte Persönlichkeitsrelevanz besitzen noch heimlich erhoben werden. Die ID stellt auch kein Persönlichkeitsprofil des Steuerpflichtigen her. Eine unzulässige Vorratsdatenspeicherung zu unbestimmten oder nicht bestimmbaren Zwecken erfolgt nicht.
Auch eine Verletzung anderweitiger Grundrechte, insbesondere der Glaubens-, Gewissens- oder Bekenntnisfreiheit, tritt durch die ID und die Art und Weise ihrer Übermittlung nicht ein.
Das Risiko eines erfolgreichen Hackerangriffs auf die gespeicherten Daten kann zwar nicht gänzlich ausgeschlossen werden, ist aber im überwiegenden Gemeinwohlinteresse hinzunehmen.
Link zur Entscheidung
BFH, Urteil v. 18.1.2012, II R 49/10.