Leitsatz (amtlich)

Verpflichtet sich der beherrschende Gesellschafter einer Personengesellschaft in einem notariellen Vertrag, seinem Kind zu Lasten seines Darlehenskontos einen Geldbetrag unter der Bedingung zuzuwenden, dass er der Gesellschaft sogleich wieder als Darlehen zur Verfügung zu stellen ist, können die Zinsen bei der steuerlichen Gewinnermittlung der Gesellschaft nicht als Betriebsausgaben abgezogen werden. Das gilt auch bei längeren Abständen zwischen Schenkungs- und Darlehensvertrag, wenn zwischen beiden Verträgen eine auf einem Gesamtplan beruhende sachliche Verknüpfung besteht (Anschluss an BFH-Urteil vom 18.1.2001, IV R 58/99, BStBl II 2001, S. 393 = INF 2001, S. 282).

 

Sachverhalt

Mit notariellem Vertrag vom 15.5.1986 schenkte der die KG beherrschende Gesellschafter seiner volljährigen Tochter T einen Betrag von 990 000 DM, den er am 30.5.1986 zu Lasten seines Darlehenskontos bei der KG auf ein Bankkonto der T überwies. Der Betrag sollte nach den im Schenkungsvertrag getroffenen Vereinbarungen von T derart verwendet werden, dass T über 90 000 DM sofort verfügen konnte und der Restbetrag von 900 000 DM der KG als verzinsliches Darlehen zur Verfügung zu stellen war (u.a.: Kündigungsmöglichkeit der T erstmals nach zehn Jahren; Verbot der Abtretung und Belastung der Darlehensforderung). T sollte im Gegenzug auf ihr Erb- und Pflichtteilsrecht verzichten, was geschah. Am 4.6.1986 überwies T den Darlehensbetrag auf ein Bankkonto der KG. Das Finanzamt versagte den Abzug der von der KG als Betriebsausgaben geltend gemachten Schuldzinsen. Die dagegen erhobene Klage blieb erfolglos[1]. Der BFH bestätigte die Vorentscheidung.

 

Entscheidungsgründe

Die von der KG gezahlten Zinsen sind nicht betrieblich veranlasst i.S.v. § 4 Abs. 4 EStG. Das ergibt sich im Streitfall bereits daraus, dass T bei der gebotenen wirtschaftlichen Betrachtung der KG kein Darlehen aus eigenem Vermögen gewährt hat. Dies folgt aus der Erwägung, dass im Zeitpunkt der "Schenkung" eine endgültige Vermögensverschiebung zwischen dem Mitunternehmer und den ihm nahestehenden Personen noch nicht vorliegt. Vielmehr existiert lediglich ein privat veranlasstes Versprechen, künftige Geldbeträge (bei "Darlehensrückgewähr") mit der Folge zuzuwenden, dass die Zinsen keine abziehbaren Betriebsausgaben, sondern nicht abziehbare Zuwendungen sind. Die angeblichen Darlehensbeträge bleiben bis zum Vollzug der Schenkung steuerrechtlich Kapital des Schenkers.

Die Frage, ob der geschenkte Betrag dem Schenker "sogleich" wieder als Darlehen zurückgewährt wird, ist von der Rechtsprechung zunächst nur für Fälle entschieden worden, in denen Schenkungs- und Darlehensvertrag in ein und derselben Vertragsurkunde niedergelegt worden sind. Die Anwendung dieser Grundsätze ist jedoch nicht auf diese Fälle beschränkt[2]. Auch bei längeren Abständen zwischen den Verträgen ist keine steuerrechtlich beachtliche Schenkung mit betrieblich veranlasstem Darlehen anzunehmen, wenn zwischen den Verträgen eine auf einem Gesamtplan beruhende sachliche Verknüpfung besteht[3]. Ob ein die beiden Verträge bindender Gesamtplan vorliegt, hat das FG anhand von Indizien festzustellen. Die Kürze des zwischen Schenkung und Darlehensgewährung liegenden Zeitraums ist nur eines der hierbei zu berücksichtigenden Beweisanzeichen. Im Streitfall liegt ein solcher Gesamtplan vor. Die Verwendung des zugewendeten -90 000 DM übersteigenden - Betrags und alle Modalitäten des Darlehensverhältnisses waren bereits im Schenkungsvertrag verbindlich festgelegt, die Einhaltung der Vereinbarungen dadurch gesichert, dass die Auszahlung des zugewendeten Betrags erst nach dem Abschluss aller Verträge (Schenkungs-, Erbverzichts- und Darlehensvertrag) vorgenommen wurde. Damit konnte T über den ihr zugewendeten Betrag von 900 000 DM zu keinem Zeitpunkt frei verfügen. Dies gilt nicht nur hinsichtlich seiner Überlassung zur Nutzung an die KG, sondern auch hinsichtlich des von der Forderung verkörperten Werts; denn sie konnte diesen Wert weder gegenüber der KG noch wegen des Abtretungs- und Belastungsverbots gegenüber Dritten realisieren. Dem kurzen Zeitraum zwischen dem Schenkungs- und dem Darlehensvertrag (13 Tage) bzw. der Überweisung und Rücküberweisung des Darlehensbetrags (5 Tage) kommt unter diesen Umständen nur noch ein geringer (den Gesamtplan bestätigender) Beweiswert zu.

Bei diesem Ergebnis kann offen bleiben, ob der Darlehensvertrag und seine Durchführung in allen Punkten der zwischen Fremden üblichen Gestaltung entsprechen.

 

Link zur Entscheidung

BFH vom 22.1.2002 – VIII R 46/00

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