Leitsatz
Aufwendungen des Arbeitgebers führen bei einer zweitägigen Betriebsveranstaltung nicht zu Arbeitslohn, sofern die Freigrenze von 200 DM (110 EUR) eingehalten wird (Änderung der Rechtsprechung).
Sachverhalt
Ein Bauunternehmen veranstaltete 1994 für seine Belegschaft einen "Baudenabend" bei Aufwendungen in Höhe von 100 DM pro Arbeitnehmer. Die Abfahrt erfolgte gegen 16 Uhr. Nach Einquartierung in Privatpensionen begann ab 19 Uhr der Baudenabend mit Abendessen, Folkloreprogramm, Tanz und gemütlichem Beisammensein. Am nächsten Tag fand nach dem Frühstück ein Spaziergang mit Besichtigung statt. Nach dem Mittagessen in der Baude erfolgte die Rückfahrt. Das Finanzamt ging von einer unüblichen Betriebsveranstaltung aus und erfasste die übernommenen Kosten mit Nachforderungsbescheid als Arbeitslohn. Die hiergegen erhobene Klage hatte Erfolg. Der BFH wies die Revision zurück.
Entscheidung
Der BFH geht weiter davon aus, dass Zuwendungen aus Anlass einer Betriebsveranstaltung nicht der Entlohnung, sondern eigenbetrieblichen Zielen des Arbeitgebers in Form der Kontaktpflege und der Förderung des Betriebsklimas dienen, wenn eine bestimmte Freigrenze nicht überschritten wird. Dabei wird der in Abschn. 72 Abs. 4 Satz 2 LStR 1993 und 1996 festgelegte Betrag von 200 DM pro Arbeitnehmer als angemessene materiell-rechtliche Typisierung beurteilt. Dagegen hält der BFH nicht mehr daran fest, dass eine mehrtägige Betriebsveranstaltung generell als nicht üblich und Zuwendungen deshalb immer als Arbeitslohn anzusehen seien. Vielmehr können gerade betriebsfunktionale Gründe dafür sprechen, mit einem Betriebsausflug erst am Freitag nach Dienstschluss zu beginnen und die Veranstaltung mit einer Übernachtung bis Samstag fortzusetzen. Bei einem Unternehmen mit weit verteilten Betriebsstätten kann eine derartige Veranstaltung die einzige Möglichkeit darstellen, die ganze Belegschaft zusammenzubringen. In Übereinstimmung mit Teilen des Schrifttums, dem sich die Verwaltung im Ergebnis zwischenzeitlich angeschlossen hat, sieht der BFH nunmehr nicht die Veranstaltungsdauer, sondern die Orientierung an der Freigrenze als hinreichend genaue und zuverlässige Differenzierung zwischen Entlohnung und Verfolgung eigenbetrieblicher Interessen an.
Praxishinweis
Wird eine zweitägige Betriebsveranstaltung als üblich angesehen, ist es konsequent, die Übernachtungskosten als übliche Zuwendungen zu behandeln und in die Freigrenze einzubeziehen. Der Umstand, dass die Veranstaltungsdauer für sich gesehen kein maßgebendes Merkmal darstellt, hindert aber nicht, bestimmte mehr als zweitägige Veranstaltungen nicht mehr als Betriebsveranstaltungen anzusehen, insbesondere wenn sie nach der Art des Gebotenen nicht mehr auf die Teilnahme der gesamten Belegschaft abzielen. Daher kann etwa ein Kostenzuschuss zu einem verlängerten Sportwochenende auch dann als Arbeitslohn zu werten sein, wenn er im Rahmen der Freigrenze bleibt.
Link zur Entscheidung
BFH-Urteil vom 16.11.2005, VI R 151/99