Leitsatz

Beim Erwerb eines Wohnungseigentums im Wege der Zwangsversteigerung ist das Meistgebot als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern. Die anteilige Instandhaltungsrückstellung ist Teil des Verwaltungsvermögens. Die (anteilige) Instandhaltungsrückstellung geht beim Eigentumserwerb durch Zuschlag (§ 90 Abs. 1 ZVG) nicht kraft Gesetzes auf den Ersteher über.

 

Normenkette

§ 21 Abs. 5 Nr. 2 WEG

 

Das Problem

K erwirbt als Meistbietende bei Zwangsversteigerungen insgesamt 3 Wohnungseigentumsrechte. Das Finanzamt setzt ausgehend von dem jeweiligen Meistgebot als Bemessungsgrundlage Grunderwerbsteuer fest. K meint, bei der Grunderwerbsteuer dürfe die anteilig auf die jeweiligen Wohnungseigentumsrechte entfallenden, angesparten Anteile an der Instandhaltungsrückstellung nicht berücksichtigt werden.

 

Die Entscheidung

  1. Der Bundesfinanzhof ist anderer Ansicht! Beim Erwerb eines Wohnungseigentumsrechts im Wege der Zwangsversteigerung sei das Meistgebot als Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer anzusetzen und dieses nicht um die anteilige Instandhaltungsrückstellung zu mindern.
  2. Gegenstand der Versteigerung beim Erwerb eines Wohnungseigentumsrechts sei das Sondereigentum an einer Wohnung in Verbindung mit dem Miteigentumsanteil an dem gemeinschaftlichen Eigentum, zu dem es gehöre. Seinem Umfang nach umfasse die Immobiliarzwangsvollstreckung zwar auch Gegenstände, auf die sich bei Grundstücken oder grundstücksgleichen Rechten die Hypothek erstrecke. Solche Gegenstände seien zum Beispiel die vom Grundstück getrennten Erzeugnisse und sonstigen Bestandteile, soweit sie nicht nach den §§ 954 ff. des BGB in das Eigentum eines anderen fielen. Die Instandhaltungsrückstellung gehöre aber nicht dazu.
  3. Die "anteilige" Instandhaltungsrückstellung sei Teil des Verwaltungsvermögens der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer und damit nicht Vermögen des von der Zwangsversteigerung betroffenen Wohnungseigentümers. Die Wohnungseigentümer hätten keinen Anteil am Verwaltungsvermögen, über den sie verfügen oder in den ihre Gläubiger vollstrecken könnten.
  4. Auch der mit dem Zuschlag im Versteigerungsverfahren verbundene gesetzliche Übergang der "Mitgliedschaft" in der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer auf den Ersteher rechtfertige es nicht, die Bemessungsgrundlage der Grunderwerbsteuer um die anteilig auf das Wohnungseigentum entfallende Instandhaltungsrückstellung herabzusetzen. Die Mitgliedschaft begründe kraft Gesetzes eine schuldrechtliche Sonderrechtsbeziehung, aus der sich eine Vielzahl von Rechten und Pflichten ergebe, die untrennbar mit dem Sondereigentum an der Wohnung und dem Miteigentumsanteil am gemeinschaftlichen Eigentum verbunden seien. Bei der Versteigerung eines Wohnungseigentumsrechts werde der Ersteher mit dem Zuschlag Eigentümer des Wohnungseigentumsrechts (vgl. § 90 Abs. 1 ZVG) und aufgrund Gesetzes zugleich Mitglied der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Die Mitgliedschaft könne für sich allein nicht Gegenstand einer gesonderten Zwangsversteigerung sein.
 

Kommentar

Anmerkung:

  1. Eine ordnungsmäßige, dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer entsprechende Verwaltung erfordert nach § 21 Abs. 5 Nr. 4 WEG die Ansammlung einer angemessenen Instandhaltungsrückstellung. Diese, bei der es sich um keine Rückstellung im bilanztechnischen Sinne handelt, ist die Ansammlung einer angemessenen Geldsumme, die der wirtschaftlichen Absicherung künftig notwendiger Instandhaltungs- und Instandsetzungsmaßnahmen am gemeinschaftlichen Eigentum dient und die im Wesentlichen durch Beiträge der Wohnungseigentümer angesammelt wird. Sie bleibt bei einem Eigentümerwechsel Vermögen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer. Anders als das Zubehör eines Grundstücks wie etwa Heizöl, Gaststätteninventar oder eine Kücheneinrichtung, geht die (anteilige) Instandhaltungsrückstellung beim Eigentumserwerb durch Zuschlag (§ 90 Abs. 1 ZVG) nicht kraft Gesetzes auf den Ersteher über.
  2. Ich habe an dieser Stelle bereits die Vorinstanz, das FG Leipzig v. 2.4.2014, 2 K 1663/13, vorgestellt und die Grundlagen so erörtert, wie es auch der Bundesfinanzhof tut.
  3. Solange die Finanzämter es akzeptieren, dass sich im Fall des Kaufs eines Wohnungseigentumsrechts der Kaufpreis teilweise auch anhand der Instandhaltungsrückstellung errechnet, ist es vertretbar, für die Instandhaltungsrückstellung einen "fiktiven" Kaufpreis im notariellen Kaufvertrag anzugeben. Es muss freilich allen klar sein, dass die Nennung der Instandhaltungsrückstellung als Teil des Kaufpreises im Kaufvertrag nur steuerlichen Gründen gilt, nicht aber ein Rechtskauf gewollt ist (Elzer, MittBayNot 2014, S. 531). Besteht diese Klarheit nicht, kommt es zu Streit (siehe dazu OLG Köln v. 19.12.2013, 19 U 133/13, ZWE 2014 S. 254 mit Anmerkung Elzer).

Was ist für den Verwalter wichtig?

  1. Der Grunderwerbsteuer unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 4 GrEStG das Meistgebot im Zwangsversteigerungsverfahren für ein inländisches Grundstück. Die Steuer bemisst sich...

Dieser Inhalt ist unter anderem im WohnungsWirtschafts Office Professional enthalten. Sie wollen mehr?