Gläubigermehrheit
Vollstrecken mehrere Gläubiger in den Grundbesitz des Schuldners, so muss in dem zugrunde liegenden Titel grundsätzlich deren Gemeinschaftsverhältnis hinreichend bestimmt bezeichnet sein. Gilt dies auch für einen Vollstreckungsbescheid? Was geschieht, wenn die Bezeichnung fehlt? Dazu hat sich jetzt das OLG München geäußert.
Probleme mit dem Grundbuchamt
Als Antragsteller sind in einem Vollstreckungsbescheid die Beteiligten zu 1 und 2 ausgewiesen, beide vertreten durch einen gemeinsamen Verfahrensbevollmächtigten. Über diesen Verfahrensbevollmächtigten beantragten sie als Gesamtgläubiger zu ihren Gunsten die Eintragung einer Zwangshypothek auf dem Grundstück des Schuldners unter Vorlage einer Vollmacht, einer Ausfertigung des Vollstreckungsbescheids und einer Forderungsaufstellung.
Das Grundbuchamt verweigerte die Eintragung und verlangte, einen Beschluss des Mahngerichts zur Vervollständigung des Titels vorzulegen, aus dem sich das Anteilsverhältnis der Gläubiger ergebe. Auch nach Vorlage einer notariell beglaubigten Erklärung der Beteiligten zu 1 und 2, wonach sie bewilligen und beantragen, zu gleichen Teilen als Berechtigte eingetragen zu werden, hat das Grundbuchamt seine Zwischenverfügung aufrecht erhalten.
Im Beschwerdeverfahren kam das OLG München den Gläubigern zu Hilfe und hob die Zwischenverfügung auf:
Vollstreckungsbescheid
Zwar gilt auch für den Vollstreckungsbescheid, dass er als für das Grundbuchverfahren tauglicher Titel das Gemeinschaftsverhältnis mehrerer Gläubiger hinreichend bestimmt bezeichnen muss. Denn nach § 690 Abs. 1 Nr. 3 ZPO hat der Mahnbescheid als Grundlage des später ergehenden Vollstreckungsbescheids die Bezeichnung des Anspruchs unter bestimmter Angabe der verlangten Leistung zu enthalten.
Klarheit durch Auslegung?
Fehlen die erforderlichen Angaben zum Gemeinschaftsverhältnis im Titel, besteht aber jedenfalls dann kein Eintragungshindernis, wenn sich dieses durch Auslegung unzweideutig ermitteln lässt. So kann ein Titel ohne Angabe des Gemeinschaftsverhältnisses als solcher für Gesamtgläubiger auszulegen sein, wenn mehrere Streitgenossen diesen durch einen gemeinsamen Rechtsanwalt erwirkt haben. Zwar kommt dann, wenn der Schuldner einer Gläubigermehrheit eine teilbare Leistung schuldet, grundsätzlich sowohl Teilgläubigerschaft (§ 420 BGB) als auch Gesamtgläubigerschaft (§ 428 BGB) in Betracht. Eine gesetzliche Auslegungsregel, wie sie § 420 BGB enthält, ist jedoch widerlegbar und greift nur dann ein, wenn sich aus dem Gesamtinhalt des Titels nicht eindeutige Anhaltspunkte dafür ergeben, dass von Gesamtgläubigerschaft auszugehen ist (BGH a. a. O.). Wird der Titel von mehreren Gläubigern mithilfe eines gemeinsamen Rechtsanwalts gleichzeitig erwirkt und weist dieser nur einen einheitlichen Betrag aus, ohne nach unterschiedlichen Beteiligungen zu differenzieren, so ist dieser für das Vollstreckungsorgan so auszulegen, dass die Forderung in Gesamtgläubigerschaft geltend gemacht ist.
Fazit: Titel ausreichend
Der hier von 2 Gläubigern mithilfe eines gemeinsamen Rechtsanwalts erwirkte Vollstreckungsbescheid kann vom Vollstreckungsorgan (Grundbuchamt) nur so verstanden werden, dass es sich um eine Gesamtgläubigerschaft mit – mangels anderen Inhalts – der in § 430 BGB geregelten Folge handelt. Einer Klarstellung oder Ergänzung des Titels bedarf es folglich nicht.
(OLG München, Beschluss v. 8.10.2015, 34 Wx 297/15)