Dipl.-Finanzwirt Werner Becker
Leitsatz
Der Eigentumserwerb an Grundstücken durch einen interkommunalen Zweckverband im Rahmen einer Umlegung ist nicht von der Grunderwerbsteuer befreit, wenn der Zweckverband nicht als Eigentümer eines im Umlegungsgebiet gelegenen Grundstücks am Umlegungsverfahren teilgenommen hat.
Der Grundstückserwerb des Zweckverbandes ist auch nicht aufgrund einer interpolierenden Zusammenschau der Befreiungstatbestände von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b i.V.m. § 4 Nr. 1 GrEStG steuerfrei zu stellen.
Sachverhalt
Hintergrund: Gesetzliche Vorgaben
Der Grunderwerbsteuer unterliegt nach § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 1 GrEStG der Übergang des Eigentums, wenn kein den Anspruch auf Übereignung begründendes Rechtsgeschäft vorausgegangen ist und es auch keiner Auflassung bedarf. Ein grunderwerbsteuerbarer Vorgang in diesem Sinne ist auch der Erwerb des Eigentums an einem Grundstück im Rahmen eines Umlegungsverfahrens nach §§ 45 ff. BauGB, soweit die einem Beteiligten zugeteilten Grundstücke nicht mit den ihm schon bisher gehörenden Grundstücken flächen- und deckungsgleich sind. Zwar tritt die neue im Umlegungsplan zugewiesene Grundstücksfläche als Surrogat an die Stelle des alten Grundstücks mit der Folge, dass sich das Eigentum an dem neu zugeteilten Grundstück ungebrochen fortsetzt. Gleichwohl liegt darin ein die Steuer auslösender Rechtsträgerwechsel im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne, da sich das Eigentum nunmehr auf einen anderen abgegrenzten Teil der Erdoberfläche bezieht, sodass es im Hinblick auf ein (tatsächliches) Grundstück zu einem Wechsel der eigentumsmäßigen Zuordnung kommt. An einem grunderwerbsteuerbaren Rechtsvorgang fehlt es lediglich dann, wenn und soweit das Zuteilungsgrundstück mit dem Einwurfgrundstück identisch, d.h. flächen- und deckungsgleich ist, da in einem solchen Fall auch grunderwerbsteuerrechtlich kein Rechtsträgerwechsel hinsichtlich eines Grundstücks stattgefunden hat.
Sachverhalt: Kläger leitete Umlegungsverfahren ein
Der Kläger ist ein durch 3 Kommunen gebildeter Zweckverband in der Rechtsform einer Körperschaft des öffentlichen Rechts (KdöR). Zu seinen satzungsmäßigen Aufgaben gehört es, ein künftiges Gewerbegebiet mit einer Größe von etwa 24 ha zu planen und zu erschließen sowie die hierfür notwendigen Grundstücke zu erwerben und zu vermarkten. Eigentümer der im Planungsgebiet gelegenen Grundstücke waren ganz überwiegend Privatpersonen. Den am Zweckverband beteiligten Gemeinden gehörten ca. 3,5 ha der Gesamtfläche. Der Kläger selbst hatte vor der später erfolgten Umlegung kein Grundstückseigentum im Zweckverbandsgebiet.
Im Jahr 2013 leitete der Kläger ein Umlegungsverfahren gem. §§ 45 ff. BauGB ein, in das die Gemeinden und die Privateigentümer ihre Grundstücke einbrachten. Am 16.12.2013 stellte er einen Umlegungsplan mit dem in Aussicht genommenen neuen Zuschnitt der eingebrachten Grundstücke auf. Mit Inkrafttreten des Umlegungsplans im Januar 2014 wurde dem Kläger gem. § 72 BauGB das Eigentum an einer Grundstücksfläche von insgesamt 23,93 ha im Umlegungsgebiet zugewiesen. Die früheren Grundstückseigentümer erhielten zum Ausgleich für den Verlust ihres Eigentums entsprechende Ausgleichszahlungen i.S.d. § 59 Abs. 2 und 4 BauGB.
Das Finanzamt (FA) legte bei der Festsetzung der Grunderwerbsteuer als Bemessungsgrundlage die vom Kläger geleisteten Ausgleichszahlungen zugrunde.
Nach der erfolglosen Durchführung eines Einspruchsverfahrens erhob der Kläger Klage. Im Laufe des Klageverfahrens erließ das FA einen geänderten Grunderwerbsteuerbescheid und setzte die Grunderwerbsteuer herab. Dies beruhte darauf, dass das FA den Grundstückserwerb von den Gemeinden nach § 4 Nr. 1 GrEStG von der Steuer freistellte und hinsichtlich des Grundstückserwerbs von den Privateigentümern von geringeren Ausgleichszahlungen des Klägers als Bemessungsgrundlage ausging.
Die von dem Kläger gegen den Änderungsbescheid fortgeführte Klage wies das FG ab.
Entscheidung
BFH weist Revision als unbegründet zurück
Der BFH entscheidet, dass die Vorinstanz zu Recht davon ausgegangen sei, dass der im Wege der Umlegung erfolgte Grundstückserwerb des Klägers der Grunderwerbsteuer unterliege. Eine Steuerbefreiung komme weder aufgrund von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b GrEStG noch aufgrund von § 4 Nr. 1 GrEStG noch aufgrund einer wertenden Zusammenschau von § 1 Abs. 1 Nr. 3 Satz 2 Buchst. b i.V.m. § 4 Nr. 1 GrEStG in Betracht.
Kläger erlangte mit Bekanntgabe des Umlegungsplans Eigentum
Der Kläger habe mit der Bekanntmachung des Umlegungsplans kraft Gesetzes nach § 71 Abs. 1 Satz 1, § 72 Abs. 1 Satz 1 BauGB Eigentum an den ihm zugeteilten Grundstücken erlangt, ohne dass ein Rechtsgeschäft, das einen Übereignungsanspruch begründe, vorausgegangen sei, und ohne dass es einer Auflassung bedurft habe. Dieser Vorgang habe zu einem Rechtsträgerwechsel im grunderwerbsteuerrechtlichen Sinne geführt. Der Kläger habe von vorneherein kein Einwurfgrundstück in die Umlegungsmasse eingebracht. Daher könnten die von ihm erworbenen Grundstücke nicht mit ihm bereits...