Die nachfolgend wiedergegebene Entscheidung des LAG Berlin befasst sich mit Fragen der Bestellung und Abberufung eines Leitenden Betriebsarztes. Das Urteil ist gleichermaßen auf die Bestellung und Abberufung einer Leitenden Fachkraft für Arbeitssicherheit übertragbar. Auch die Entscheidung des LAG Brandenburg vom 2.4.1998 befasst sich u. a. mit dieser Fragestellung.

Die Grundsätze der Entscheidung des LAG Berlin können in folgenden Leitsätzen zusammengefasst werden:

  1. Die Bestellung eines "Leitenden Betriebsarztes" i. S. von § 8 Abs. 2 ASiG bedarf zu ihrer Wirksamkeit nicht der Schriftform.
  2. Die Bestellung und Abberufung eines "Leitenden Betriebsarztes" i. S. von § 8 Abs. 2 ASiG kann arbeitsrechtlich auch durch die Ausübung des Direktionsrechts erfolgen, es sei denn, arbeitsvertraglich ist erkennbar etwas anderes vereinbart.

1. Wenn in einem Betrieb mehrere Betriebsärzte oder Fachkräfte für Arbeitssicherheit eingesetzt werden, kann der Arbeitgeber einen Leitenden Betriebsarzt oder eine Leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit bestimmen. Eine Verpflichtung hierzu besteht aber nicht. Insbesondere ordnet das Gesetz dies in § 8 Abs. 2 ASiG nicht an. Die Einsetzung als Leitender Betriebsarzt oder Leitende Fachkraft für Arbeitssicherheit ist zunächst (lediglich) eine ergänzende betriebsorganisatorische Maßnahme. Zusätzliche Aufgaben nach den §§ 3 bzw. 6 ASiG werden i. d. R. nicht übertragen. Wenn es sich aber bei der Bestellung eines Leitenden Betriebsarztes nicht um eine "Bestellung" i. S. von § 2 Abs. 1 ASiG handelt, dann bedarf es auch nicht der Schriftform, um eine rechtswirksame Bestellung als Leitender Betriebsarzt/Leitende FASi vornehmen zu können. Das Schriftformerfordernis würde bedeuten, dass es eines vom Arbeitgeber eigenhändig unterschriebenen Bestellungsschreibens (§ 126 Abs. 1 BGB) bedürfte.

Der diese Voraussetzung ablehnenden Auffassung des LAG Berlin ist zuzustimmen.

2. Kraft seines Direktionsrechts (§ 106 GewO) bestimmt der Arbeitgeber die näheren Einzelheiten, unter denen die geschuldete Arbeitsleistung zu erbringen ist, vor allem deren Ort, Zeit und näheren Inhalt. Das Direktionsrecht kann durch Gesetz, Tarifvertrag, Betriebsvereinbarungen oder Einzelarbeitsvertrag eingeschränkt sein. Soweit hiernach das Direktionsrecht ausgeübt werden kann, muss der Arbeitgeber die Grenzen des billigen Ermessens (§ 315 Abs. 3 BGB) einhalten.

Die Wahrung billigen Ermessens setzt voraus, dass die wesentlichen Umstände des Falles abgewogen und die beiderseitigen Interessen angemessen berücksichtigt werden. Ob dies geschehen ist, unterliegt der gerichtlichen Kontrolle.

Im Gegensatz zum Fall der Abberufung einer ("normalen") Fachkraft für Arbeitssicherheit (Urteil des LAG Brandenburg v. 2.4.1998, 3 Sa 477/96) ist dem LAG Berlin darin zuzustimmen, dass im Fall der Einsetzung einer Leitenden Fachkraft bzw. eines Leitenden Betriebsarztes i. d. R. keine zusätzlichen Aufgaben i. S. der §§ 3, 6 ASiG übertragen werden. Damit werden durch die Einsetzung auch keine "Hauptrechte" des Arbeitnehmers berührt, d. h. der "Kernbereich" des Arbeitsverhältnisses wird nicht tangiert. Die Qualifizierung der Einsetzung als "ergänzende betriebsorganisatorische Maßnahme"erscheint zutreffend.

Konsequenz dieser rechtlichen Einordnung der Bestellung als bloße "ergänzende betriebsorganisatorische Maßnahme" ist es, dass umgekehrt auch die einseitige Rückgängigmachung der Einsetzung in Ausübung des Direktionsrechts möglich ist; einer Änderungskündigung bedarf es insoweit also nicht.

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