Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
2.1 Heben und Tragen/Bewegen von Lasten
Häufig müssen in abwassertechnischen Anlagen schwere Abdeckungen und Luken sowie Geräte (Saugschläuche, Pumpen, Hubgeräte usw.) bewegt werden. Weil dabei wegen der meist geringen Personaldichte nur wenige und oft immer dieselben Beschäftigten eingesetzt werden, können erhebliche gesundheitliche Belastungen auftreten. Daher müssen bei der Gestaltung von Arbeitsverfahren und -plätzen so weit wie möglich manuelle Hebevorgänge minimiert und technische Hilfsmittel vorgesehen werden. Neben automatisierten Reinigungsverfahren sind das z. B.:
- geeignete Schachtdeckelheber
- hydraulische oder mechanische Öffnungshilfen an Dom- und Lukendeckeln
Hebeeinrichtungen, z. B. für Schachtpumpen, Rührgeräte usw. bzw. Aufnahmen für mobile Geräte an entsprechenden Stellen, Hebeeinrichtungen an Fahrzeugen
Beim Einsatz von maschinellen Hebeeinrichtungen ist darauf zu achten, dass alle technischen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden.
2.2 Arbeiten im Straßenverkehr
Vor allem beim Betrieb von Kanalanlagen arbeiten Beschäftigte regelmäßig im Straßenverkehr. Dabei geht es häufig (z. B. bei Reinigungs- und Inspektionsarbeiten) nicht um längerfristige Baustellen, sondern um mehr oder weniger kurzfristige Arbeiten. In jedem Fall müssen die für Arbeiten im Straßenverkehr nötigen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden:
- Warnkleidung tragen (§ 35 StVO, DGUV-R 114-016 "Straßenbetrieb, Straßenunterhaltung");
- Warnleuchte an Fahrzeugen und Arbeitsmaschinen muss eingeschaltet sein;
- Fahrzeuge sollten möglichst so im Verkehrsbereich abgestellt werden, dass an der verkehrsabgewandten Seite gearbeitet werden kann;
- Baustellen (auch kurzfristige) müssen nach den "Richtlinien für die Sicherung von Arbeitsstellen an Straßen" (RSA) abgesichert werden.
2.3 Ertrinkungsgefahr
Ertrinkungsgefahr besteht
- beim Sturz in Becken, Kanäle, Vorfluter o. Ä., wenn der Betroffene keine Möglichkeit hat, sich selbst zu retten bzw. wenn er nicht ausreichend schnell gerettet werden kann. Ertrinkungsgefahr wird ab einer Wassertiefe von 1,35 m angenommen (DGUV-V 21;
- beim Sturz eines reaktionsunfähigen Unfallopfers (unabhängig von der Wassertiefe).
Besondere Gefahrenmomente sind dabei
- Strömungen, Wasserwirbel, Luftstrudel (fehlender Auftrieb!);
- im Wasser befindliche bewegliche Anlagen, von denen Verletzungsgefahr ausgeht;
- Ausrüstung oder Bekleidung, die das Schwimmen erschweren;
- überraschender Anstieg von Wasserstand und Wassermenge (z. B. in Niederschlagswasserkanälen/-becken bei Starkregen).
Maßnahmen gegen Ertrinkungsgefahr sind:
- Arbeiten mit Ertrinkungsgefahr vermeiden durch entsprechende Planung und Gestaltung, z. B. automatische Reinigungsvorgänge;
- Geländer, Abdeckungen, Sicherheitsabstände;
- vorschriftsmäßige Notausstiege aus Becken (Schwimmstrecken nicht über 15 m), Halteeinrichtungen in Becken, in denen Schwimmen nicht möglich ist (z. B. belüftete Sandfänge);
- organisatorische Maßnahmen wie Sicherheitswachen, Verbot von Arbeiten bei besonderen Gefahrenmomenten (wie z. B. Starkregen);
- PSA wie Sicherheitsgeschirre bzw. Rettungskragen oder -westen.
2.4 Einstiegsarbeiten
Unfälle beim Einsteigen in umschlossene Räume im Abwasserbereich (Kanäle, Behälter, Becken) sind zwar eher selten, enden aber oft tödlich. Risiken sind:
- lebensgefährliche Vergiftungen bzw. Ersticken durch das Auftreten toxischer Gase (v. a. CO2, Methan, Schwefelwasserstoff, Faulgase oder Sauerstoffmangel),
- Explosionsgefahr durch die Bildung explosionsfähiger Gas-Luftgemische (Methan),
- erschwerte Rettung bei Unfällen.
Die sichere Organisation und Durchführung von Einstiegsarbeiten ist in der DGUV-R 103-003 "Arbeiten in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen" beschrieben. Sie umfasst als Hauptpunkte:
- Gefährdungsbeurteilung (schon bei Planung und Bau, sodass Einstiegsarbeiten möglichst vermieden werden);
- organisatorische Schutzmaßnahmen:Betriebsanweisung erstellen, Unterweisung sicherstellen, schriftliche Beauftragung der für Einstiegsarbeiten zugelassenen Personen (Atemschutzgeräteträger!), Aufsichtsperson und Sicherungsposten benennen, Erlaubnisschein für Arbeiten mit besonderem Risiko;
- technische Schutzmaßnahmen: Messungen auf gefährliche Stoffe, Lüftungsmaßnahmen, ggf. Wasserreduktion, Stillsetzen von Anlagen usw.;
- Ablauf von Einstiegsarbeiten ist detailliert geregelt in Abhängigkeit von der Einstiegstiefe und der baulichen Situation. Besonders kritisch ist dabei der richtige Einsatz von Mess-, Atemschutz- und Abseilgeräten;
Notfallorganisation: Für den Notfall muss an der Arbeitsstelle zur Verfügung stehen:
- Rettungsgrundausstattung (einsatzklar bereithalten: frei tragbares, umluftunabhängiges Atemschutzgerät für Rettungseinsätze, Abseil- und Rettungsgerät, exgeschützte tragbare Handleuchte, Verbandkasten, Handfeuerlöscher, ggf. Rettungsweste),
- Notrufmöglichkeit,
- Ersthelfer,
- Alarm- und Rettungsplan.
Notfallsituationen müssen jährlich geübt werden.
2.5 Hygiene/Umgang mit Biostoffen
Die TRBA 220 "Sicherheit und Gesundheit bei Tätigkeiten mit biologischen Arbeitsstoffen in abwassertechnischen Anlagen" konkretisiert die Biostoffverordnung für den Bereich abwassertechnischer Anlagen.
Beim Umgang mit Abwasser und...