Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Als abwassertechnische Anlagen werden sämtliche Einrichtungen bezeichnet, die zur Ableitung, Sammlung, Speicherung und Behandlung von Abwasser und zur Gewinnung, Lagerung und Verwendung von Faulgas und zur Schlammbehandlung dienen. Abwasser ist dabei sowohl Schmutzwasser (= durch häuslichen, gewerblichen, landwirtschaftlichen oder sonstigen Gebrauch in seinen Eigenschaften verändertes Wasser) sowie Niederschlagswasser (= nach Niederschlägen von bebauten oder befestigten Flächen abfließendes Wasser). Abwassertechnische Anlagen sind alle Arten von Kanalnetzen und dazugehörige Einrichtungen wie Pumpwerke, Regenrückhaltebecken, Druckleitungen, Kläranlagen usw. Abwassertechnische Anlagen finden sich im Zuständigkeitsbereich von Kommunen oder öffentlichen Verbänden, die oft regional in den Einzugsgebieten von Flussläufen tätig sind. Auch große Industriebetriebe sind gelegentlich Betreiber abwassertechnischer Anlagen.
Unter Arbeitsschutzgesichtspunkten ist für Bau und Betrieb von abwassertechnischen Einrichtungen vor allem die DGUV-V 21 "Abwassertechnische Anlagen" relevant. Deren Aussagen sind als Mindestanforderungen zu verstehen, die für sicheres und gesundheitsschonendes Arbeiten erforderlich sind und sowohl bei Neu- und Umbauten als auch bei bestehenden Anlagen zu berücksichtigen sind. Konkretisiert werden die Angaben in der DGUV-R 103-602 Branche Abwasserentsorgung. Viele darüber hinausgehende Beschaffenheitsanforderungen an Bauteile und Materialien, aber auch sicherheitsrelevante organisatorische Grundlagen werden durch DIN-Normen sowie zahlreiche Verbandsnormen (z. B. Merkblätter der Deutschen Vereinigung für Wasserwirtschaft, Abwasser und Abfall e. V. – DWA) geregelt.
Außerdem stellt die Sicherheit bei Einstiegsarbeiten im Bereich abwassertechnischer Anlagen einen besonderen Schwerpunkt dar. Risiken und Maßnahmen sind in der DGUV-R 103-003 "Arbeiten in umschlossenen Räumen abwassertechnischer Anlagen" präzise dargelegt.
1 Allgemeine Sicherheitsanforderungen
1.1 Organisatorische Sicherheit
Weil in abwassertechnischen Anlagen ein erhöhtes Risiko für besonders schwere Unfälle besteht, sollte auf eine präzise und gut dokumentierte Sicherheitsorganisation geachtet werden:
- Betriebsanweisung aufstellen,
- Personen unter 18 Jahren dürfen (außer zu Ausbildungszwecken) nicht beschäftigt werden,
- Sicherheitsunterweisungen für alle Mitarbeiter – vor Aufnahme der Tätigkeit und bei Veränderungen sowie mindestens einmal im Jahr,
- Ersthelferausbildung (mind. 10 %, besser einer pro Arbeitsgruppe sowie bei Einstiegarbeiten mind. ein Ersthelfer außerhalb des umschlossenen Raums),
- Arbeitsmedizinische Vorsorge (tätigkeitsbezogen, z. B. G 42 biologische Arbeitsstoffe, G 26 Atemschutz, G 24 Tragen von flüssigkeitsdichter Schutzausrüstung, G 46 Belastung des Muskel- und Skelettsystems).
1.2 Prüfpflichten
Zu den prüfungsbedürftigen Einrichtungen in abwassertechnischen Anlagen gehören gem. Betriebssicherheitsverordnung und den relevanten Fachvorschriften z. B.:
1.3 Verkehrswege und Arbeitsplätze
Verkehrswege und Arbeitsplätze stehen in abwassertechnischen Anlagen häufig unter dem Einfluss von Witterung, Nässe und Schmutz. Sie müssen sicher begehbar sein (gilt auch in Bereichen, die nur gelegentlich begangen werden, z. B. zu Wartungs-, Inspektions-, Reinigungsarbeiten usw.). Dafür sind wichtig:
- befestigte, trittsichere Wege,
- Mindestabmessungen,
- ausreichende Beleuchtung,
- ggf. Geländer oder andere Absturzsicherungen,
- tragfähige/befahrbare Abdeckungen,
- sichere Stand-/Arbeitsplätze für Wartungs-, Inspektions-, Reinigungsarbeiten,
- sichere Einstiegsmöglichkeiten in Behälter, Schächte usw. (z. B. ausreichende Öffnungen, Steigleitern, Steigeisengänge).
2 Arbeitsschutzschwerpunkte
2.1 Heben und Tragen/Bewegen von Lasten
Häufig müssen in abwassertechnischen Anlagen schwere Abdeckungen und Luken sowie Geräte (Saugschläuche, Pumpen, Hubgeräte usw.) bewegt werden. Weil dabei wegen der meist geringen Personaldichte nur wenige und oft immer dieselben Beschäftigten eingesetzt werden, können erhebliche gesundheitliche Belastungen auftreten. Daher müssen bei der Gestaltung von Arbeitsverfahren und -plätzen so weit wie möglich manuelle Hebevorgänge minimiert und technische Hilfsmittel vorgesehen werden. Neben automatisierten Reinigungsverfahren sind das z. B.:
- geeignete Schachtdeckelheber
- hydraulische oder mechanische Öffnungshilfen an Dom- und Lukendeckeln
Hebeeinrichtungen, z. B. für Schachtpumpen, Rührgeräte usw. bzw. Aufnahmen für mobile Geräte an entsprechenden Stellen, Hebeeinrichtungen an Fahrzeugen
Beim Einsatz von maschinellen Hebeeinrichtungen ist darauf zu achten, dass alle technischen Sicherheitsmaßnahmen eingehalten werden.
2.2 Arbeiten im Straßenverkehr
Vor allem beim Betrieb von Kanalanlagen arbeiten Beschäftigte regelmäßig im Straßenverkehr. Dabei geht es häufig (z. B....