Annette Hock-Rackel, Michael Schurr
Zusammenfassung
Jeder ältere Mensch merkt, dass er bei der Arbeit mehr Licht als früher benötigt. So braucht ein 60-jähriger Benutzer i. Allg. für ein und dieselbe Sehaufgabe etwa die doppelte Beleuchtungsstärke als ein 20-jähriger. Altersgerechte Beleuchtung muss dieser Tatsache gerecht werden – und das nicht nur aus gesundheitlichen Gründen, sondern auch zum Erhalt der Leistungsfähigkeit und damit aus Qualitätsgründen. Es muss auch darauf geachtet werden, dass ältere Mitarbeiter im Vergleich zu jüngeren Mitarbeitern andere Ansprüche an die Arbeitsplatz-Beleuchtung haben, ebenso Brillenträger und Nicht-Brillenträger. Ein besonderes Augenmerk ist daher auf die individuelle Einstellung der Beleuchtung zu richten und eine altersgerechte Beleuchtung unabdingbar.
§ 3 ArbStättV fordert, dass der Arbeitgeber bei der Gefährdungsbeurteilung an Bildschirmarbeitsplätzen insbesondere die Belastungen der Augen oder die Gefährdung des Sehvermögens der Beschäftigten zu berücksichtigen hat. Gemäß Anhang Nr. 6.1 Abs. 8 ArbStättV bzw. Abschn. 6.3.14 ASR A6 muss die Beleuchtung der Art der Arbeitsaufgabe entsprechen und an das Sehvermögen der Beschäftigten anpassbar sein. Das kann durch arbeitsplatzbezogene oder individuelle Beleuchtungslösungen erfolgen. Ein angemessener Kontrast zwischen Bildschirm und Arbeitsumgebung ist zu gewährleisten.
In Abschnitt 5.1 ASR A3.4. wird das zunehmende Alter wörtlich genannt: "Eine Verringerung des individuellen Sehvermögens, z. B. mit zunehmendem Alter, kann eine höhere Anforderung an die Beleuchtungsqualität (z. B. eine höhere Beleuchtungsstärke und höhere Anforderungen an die Begrenzung der Blendung) erfordern."
Im Rahmen des Sehvermögens der Benutzer gibt die Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV) Angebotsvorsorge in Anhang Teil 4 Abs. 2 Satz 1 vor: "Die Angebotsvorsorge enthält das Angebot auf eine angemessene Untersuchung der Augen und des Sehvermögens. Erweist sich auf Grund der Angebotsvorsorge eine augenärztliche Untersuchung als erforderlich, so ist diese zu ermöglichen. § 5 Abs. 2 gilt entsprechend für Sehbeschwerden. Den Beschäftigten sind im erforderlichen Umfang spezielle Sehhilfen für ihre Arbeit an Bildschirmgeräten zur Verfügung zu stellen, wenn Ergebnis der Angebotsvorsorge ist, dass spezielle Sehhilfen notwendig und normale Sehhilfen nicht geeignet sind."
Die DGUV-I 250-007 enthält dazu eine Handlungsanleitung.
1 Bedeutung des Lichts
Das Licht und seine Bedeutung wird unterschätzt: Licht ist Leben und alle Lebensprozesse sind zugleich Lichtprozesse. Jede lebendige Zelle erzeugt Licht und hat einen Lichtstoffwechsel: "Der Mensch lebt im Licht. Er nimmt Licht auf, und er bildet sich in seinem ganzen Organismus aus dem Licht. Es ist daher für das ganze Menschsein von wesentlicher Bedeutung, in welchem Licht der Mensch lebt." Licht ist nicht gleich Licht, denn es hat unterschiedliche Qualitäten mit jeweils anderen Wirkungen auf den Menschen.
Es rechnet sich, den Mitarbeitern gemäß ihrem Alter, der Arbeits- und Sehaufgabe das dazu nötige Licht zur Verfügung zu stellen. Das optimale, leistungsfördernde und gesunde Licht ist individuell durch den Mitarbeiter steuerbar. Licht – synergetisch zusammengesetzt aus Tages- und Kunstlicht – muss einen guten Job machen, damit die Produktivität in der Produktion und im Büro stimmt.
Die Qualität entscheidet
Nicht mehr die Quantität von Kunstlicht (Luxzahlen), sondern die synergetische Qualität des Lichtes zusammengesetzt aus Tages- und individuell steuerbarem Kunstlicht gemäß des Alters und der Sehaufgabe ist entscheidend.
Die Frage einer zeitgemäßen, effizienten und effektiven Beleuchtung ist mehrdimensional. Die richtige Lösung ist heute nicht nur hell und blendfrei, sondern ein integriertes ganzheitliches Konzept, das funktionalen Qualitätsmerkmalen entsprechen muss, individuell einstellbar, energieeffizient und einem bestimmten Designanspruch gerecht werden muss.
So wenig Kunstlicht wie möglich
Es zahlt sich aus, Licht dort einzusetzen, wo es gebraucht wird, und dort zu reduzieren, wo es unnötige Energie verbraucht.
Das ist heute mit einem zentralen oder dezentralen individuellen Lichtmanagement einfach umsetzbar und mit Blick auf die Energiekosten und die demografische Entwicklung eine lohnende Investition.
1.1 Was heißt altersgerecht beleuchten?
1.1.1 Altersgerechte Arbeitsplatzgestaltung
Unter altersgerechter Arbeitsplatzgestaltung versteht man den Erhalt der Leistungsfähigkeit einer bestimmten Altersgruppe der Mitarbeiter durch Anpassung der Arbeitsplätze und Arbeitsabläufe an die spezifischen Fähigkeiten und Bedürfnisse der Altersgruppe.
Dieses Vorgehen ist statisch und reaktiv, aber nicht präventiv bezüglich des Alterungsprozesses. Was aber, wenn an einem Arbeitsplatz in der Produktion oder im Büro, z. B. durch Desksharing, unterschiedliche Generationen und damit Menschen mit unterschiedlichem Lichtbedarf arbeiten?
Die wichtigsten einschränkenden ...