[Vorspann]
Die Arbeitsmedizinischen Regeln (AMR) geben den Stand der Arbeitsmedizin und sonstige gesicherte arbeitsmedizinische Erkenntnisse wieder. Sie werden vom
Ausschuss für Arbeitsmedizin (AfAMed)
ermittelt oder angepasst und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt (GMBl) bekannt gegeben.
Diese AMR konkretisiert im Rahmen ihres Anwendungsbereichs die Anforderungen des § 5 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang Teil 3 Absatz 2 Nummer 5 der Verordnung zur arbeitsmedizinischen Vorsorge (ArbMedVV). Bei Einhaltung der AMR kann der Arbeitgeber davon ausgehen, dass die entsprechenden Anforderungen der Verordnung erfüllt sind. Wählt der Arbeitgeber eine andere Lösung, muss er damit mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten erreichen. Der Arzt oder die Ärztin im Sinne des § 7 ArbMedVV hat diese AMR als dem Stand der Arbeitsmedizin entsprechende Regel zu berücksichtigen (§ 6 Absatz 1 Satz 1 ArbMedVV).
1 Anwendungsbereich
(1) Die AMR gilt für Tätigkeiten im Freien mit intensiver Belastung durch natürliche UV-Strahlung (Sonnenstrahlung); siehe Abschnitt 4.
(2) Jeder Arbeitgeber ist verpflichtet, arbeitsbedingte Gefährdungen zu ermitteln, zu bewerten und Schutzmaßnahmen abzuleiten (§ 5 Arbeitsschutzgesetz). Individuelle Schutzmaßnahmen sind nachrangig zu anderen Maßnahmen. Nach § 3 Absatz 1 Satz 1 ArbMedVV hat der Arbeitgeber auf Grundlage der Gefährdungsbeurteilung für eine angemessene arbeitsmedizinische Vorsorge zu sorgen.
(3) Arbeitgeber haben Maßnahmen des Arbeitsschutzes zu treffen, durch die die Belastung durch natürliche UV-Strahlung möglichst gering gehalten wird. Sie haben Beschäftigten vor Aufnahme der Tätigkeit und anschließend in regelmäßigen Abständen arbeitsmedizinische Vorsorge anzubieten bei Tätigkeiten im Freien mit intensiver Belastung durch natürliche UV-Strahlung von regelmäßig einer Stunde oder mehr je Tag (§ 5 Absatz 1 in Verbindung mit Anhang Teil 3 Absatz 2 Nummer 5 ArbMedVV).
(4) Diese AMR konkretisiert, wann bei Tätigkeiten im Freien eine intensive Belastung durch natürliche UV-Strahlung von regelmäßig einer Stunde oder mehr je Tag anzunehmen ist. Auch wenn die Kriterien (Abschnitt 4) nicht erreicht werden, können Belastungen durch natürliche UV-Strahlung nicht ausgeschlossen werden, sodass Beschäftigten Wunschvorsorge gemäß § 5a ArbMedVV zu ermöglichen ist.
(5) Die Fristen für die Angebotsvorsorge sind in der AMR 2.1 konkretisiert; siehe dazu auch Hinweis [1].
2 Begriffsbestimmungen
2.1 Tätigkeit im Freien
Tätigkeit im Freien im Sinne dieser AMR umfasst jede Tätigkeit außerhalb von geschlossenen Räumen.
2.2 Natürliche UV-Strahlung
Natürliche UV-Strahlung ist die UV-Strahlung der Sonne, die auch "solare" UV-Strahlung genannt wird. Natürliche UV-Strahlung ist tagsüber auch im Schatten und bei bewölktem Himmel vorhanden.
2.3 Arbeitstag
Arbeitstag im Sinne dieser AMR ist jeder Tag, an dem gearbeitet wird.
3 Arbeitsmedizinische Grundlagen
(1) Der Mensch nimmt von der täglichen Strahlung der Sonne nur das sichtbare Licht und die Wärmestrahlung wahr. Er hat keine Empfindungsmöglichkeit für die unsichtbare UV-Strahlung.
(2) Dort, wo die UV-Strahlung auf die Haut trifft, entstehen sofort, in jedem Zellkern der Oberhaut, eine Vielzahl von DNA-Schäden, die sich bei fortgesetzter UV-Belastung summieren und damit die Voraussetzung für die spätere Hautkrebsentstehung sind. Die Schädigung der Hautzellen erfolgt auch, wenn kein Sonnenbrand ausgelöst wird. UV-Strahlung schädigt das Erbgut (DNA) der Oberhautzellen. Diese Schäden können zu dauerhaften Veränderungen des Erbgutes (Mutationen) führen, die sich im Laufe der Jahre aufsummieren und schließlich zum Entarten der Zelle und zu Entstehung von Hautkrebs führen können. Darüber hinaus schwächt UV-Strahlung das Immunsystem und fördert damit in doppelter Hinsicht die Krebsentstehung, insofern als durch die UV-bedingte Erbgutschädigung entartete Zellen durch das Immunsystem nicht mehr beseitigt werden.
(3) Neben Hautkrebs begünstigt UV-Strahlung auch andere Erkrankungen der Haut und des Auges.
4 Kriterien für Tätigkeiten im Freien mit intensiver Belastung durch natürliche UV-Strahlung von regelmäßig einer Stunde oder mehr je Tag
4.1 Allgemeines
(1) Technische oder organisatorische Arbeitsschutzmaßnahmen (zum Beispiel Sonnensegel, Verlagerung der Arbeitszeit) können die Gesundheitsgefährdung durch schädliche UV-Strahlung minimieren und sind die beste Hautkrebs-Prävention. Zu beachten ist allerdings, dass auch im Schatten regelmäßig noch bis zu 50 Prozent der gefährlichen UV-Strahlung ankommt. Entscheidend sind die konkreten Bedingungen wie zum Beispiel das zur Beschattung verwendete UV-absorbierende Material. Der Umfang der Beschattung ist Bestandteil der jeweiligen Gefährdungsbeurteilung.
(2) Aus der Gefährdungsbeurteilung wird sich ergeben, inwieweit zusätzlich zu technischen und organisatorischen Schutzmaßnahmen persönliche Schutzmaßnahmen (wie textiler Sonnenschutz, abschattender Kopf- und Nackenschutz, Sonnenschutzbrille, Sonnenschutzmittel) für den UV-Schutz notwendig sind, auch im Schatten. Persönliche Schutzmaßnahmen haben aber keinen Einfluss auf die nachfolgenden Kriterien. Arbeitsmedizinische Vorsorge ist immer unabhängig von persönlichen Schutzmaßnahmen.
4.2 Tätigkeiten in Deutschland
(1) Arbeitg...