Um die im Alltag auftretenden Fragestellungen hinsichtlich der vorher genannten Handlungsfelder kompetent beantworten zu können, wird neben den klassischen Kenntnissen eines Mediziners ein hohes Maß an Neugierde und Interesse auch für alle anderen Naturwissenschaften und die Technik sowie (Grund-)Kenntnisse im Arbeits- und Sozialrecht benötigt. Neben Theorie und Praxis in der 5-jährigen Weiterbildungsphase erfordert die Beratungspraxis lebenslanges Lernen und ständige Weiterentwicklung, um die aktuelle Forschung und Wirtschaft zeitgemäß zu begleiten.
Idealerweise kann man die Tätigkeit mit den nachfolgenden Kenntnissen, Eigenschaften und Handlungskompetenzen umschreiben.
4.1 Kenntnisse
Die neugestellten Anforderungen erfordern Fachkompetenzen in Bereichen, welche über klassisch medizinische Themen hinausgehen:
- Medizinische Standards: Breiter Überblick über die Gebiete der Allgemeinmedizin, Inneren Medizin, Hals-, Nasen-, Ohrenheilkunde, Ophthalmologie, Dermatologie, Orthopädie, Onkologie, Toxikologie, Rehabilitation, Sozial-, Reise-, Tropen-, Umwelt- und Notfallmedizin, Hygiene
- Psychologie und Psychosomatik: Krankheitsbilder, Arbeits-, Betriebs- und Organisationspsychologie, Konflikte, Stress, Diversity-Management)
- Wechselwirkung zwischen Mensch und Arbeit (Physiologie, Ergonomie, Psychologie)
- Betriebliches Eingliederungsmanagement
- Konzepte der Arbeitsmedizin (Belastung – Beanspruchung, Dosis – Wirkung, Effort-Reward-Imbalance
- Interesse an Naturwissenschaft und Technik
- Rechtliche Grundlagen im Arbeits- und Gesundheitsschutz (SGB V, SGB VII, SGB IX, SGB III), Dualismus
- Prävention (Primär-, Sekundär-, Tertiärprävention / Verhaltens- und Verhältnisprävention)
- Betriebliches Gesundheitsmanagement (Gesunde Führung, Betriebliche Gesundheitsförderung, Salutogenese)
- Umfangreiche IT-Kenntnisse
- Betriebswirtschaftliche Grundlagen
- Epidemiologie und Statistik
4.2 Eigenschaften
Die folgenden Eigenschaften spielen hinsichtlich der neuen Qualitätsanforderungen eine besondere Rolle:
- Empathie,
- soziale Kompetenzen (Achtsamkeit, Führungskompetenz, Teamfähigkeit, Konfliktmanagement, Integrations-, Reflexions- und Kritikfähigkeit,
- Beratungskompetenz,
- Überzeugungskraft,
- Kommunikationsfähigkeit,
- interdisziplinäre Kooperationsbereitschaft (Unternehmer/Personalvertretung/Arbeitssicherheit/Arbeitspsychologie),
- Dienstleistungsorientierung,
- Kundenorientierung,
- Flexibilität,
- (lebenslange) Lernbereitschaft,
- komplexes und vernetztes analytisches Denken und Handeln.
4.3 Handlungskompetenzen
Neben den oben erwähnten Kenntnissen und Eigenschaften benötigen Betriebsärzte weitere Handlungskompetenzen, um den neuen Qualitätsanforderungen gerecht zu werden:
- solide Erfahrungen in allen Grundlagenfächern der Medizin (einschließlich der diagnostischen Methoden und Präventions- und Früherkennungsstrategien),
- Bewertung der Arbeits- und Beschäftigungsfähigkeit sowie der physiologischen und psychologischen Leistungsfähigkeit,
- psychotherapeutische Intervention,
- Rhetorik,
- Beratungstechniken (für alle Ebenen im Unternehmen),
- Moderationstechniken,
- Video-Schulungen/-Sprechstunden,
- digitale Anwendungen,
- sozialmedizinisches Verhandlungsgeschick,
- wissenschaftlich begründete Gutachtenerstellungen,
- routiniertes Auftreten bei Gefährdungs- und Risikobeurteilungen sowie Betriebsbegehungen und ASA-Sitzungen.