Dipl.-Ing. Andreas Terboven
Der Arbeitgeber muss vor der Verwendung von Arbeitsmitteln die auftretenden Gefährdungen beurteilen (Gefährdungsbeurteilung) und daraus notwendige und geeignete Schutzmaßnahmen ableiten. Das Vorhandensein einer CE-Kennzeichnung am Arbeitsmittel entbindet nicht von der Pflicht zur Durchführung einer Gefährdungsbeurteilung.
Der Arbeitgeber hat darauf zu achten, dass die Beschäftigten in der Lage sind, die Arbeitsmittel zu verwenden, ohne sich oder andere Personen zu gefährden. Werden Arbeitsmittel im Freien verwendet, muss der Arbeitgeber dafür sorgen, dass die sichere Verwendung ungeachtet der Witterungsverhältnisse stets gewährleistet ist.
Die zu treffenden Schutzmaßnahmen müssen dem Ergebnis der Gefährdungsbeurteilung und dem Stand der Technik entsprechen. Bei der Festlegung der Maßnahmen sind für die Bereitstellung und Benutzung von Arbeitsmitteln auch die Grundsätze der Ergonomie zu beachten. Dies gilt insbesondere für die Körperhaltung, die Beschäftigte bei der Benutzung der Arbeitsmittel einnehmen müssen.
In die Beurteilung sind alle Gefährdungen einzubeziehen, die bei der Verwendung von Arbeitsmitteln ausgehen, und zwar von
- den Arbeitsmitteln selbst (z. B. beim Einsatz einer Säge),
- der Arbeitsumgebung (z. B. Absturzgefahr beim Mähen an einer Böschung) und
- den Arbeitsgegenständen, an denen Tätigkeiten mit Arbeitsmitteln durchgeführt werden (z. B. beim Löten eines Autotanks).
Bei der Erstellung der Gefährdungsbeurteilung von Arbeitsmitteln ist insbesondere Folgendes zu berücksichtigen:
- die Gebrauchstauglichkeit von Arbeitsmitteln einschließlich der ergonomischen, alters- und alternsgerechten Gestaltung,
- die sicherheitsrelevanten und ergonomischen Zusammenhänge zwischen Arbeitsplatz, Arbeitsmittel, Arbeitsverfahren, Arbeitsorganisation, Arbeitsablauf, Arbeitszeit und Arbeitsaufgabe,
- die physischen und psychischen Belastungen der Beschäftigten, die bei der Verwendung von Arbeitsmitteln auftreten,
- vorhersehbare Betriebsstörungen und die Gefährdung bei Maßnahmen zu deren Beseitigung.
Gefährdungsbeurteilung vor der Beschaffung
Die Gefährdungsbeurteilung soll nach Möglichkeit bereits vor der Auswahl und der Beschaffung der Arbeitsmittel begonnen werden. Dabei sind insbesondere die Eignung des Arbeitsmittels für die geplante Verwendung sowie die Arbeitsabläufe und die Arbeitsorganisation zu berücksichtigen. Dies ist in der Praxis meistens überaus schwierig umzusetzen, da bei einem völlig neuen Arbeitsmittel die Eignung sowie mögliche Gefährdungen oftmals eben nur ansatzweise abzuschätzen sind. In jedem Fall ist eine Gefährdungsbeurteilung, die bereits vor der Anschaffung eines Arbeitsmittels erstellt wurde, nach Inbetriebnahme dieses Arbeitsmittels zu überprüfen und ggf. zu überarbeiten. Gebrauchs- und Betriebsanleitungen sowie weitere Informationen des Herstellers (Betriebsanweisungen, Sicherheitsdatenblätter, Produktinformationen) können allerdings schon vor der Anschaffung eines Arbeitsmittels aufschlussreiche Informationen hierüber liefern, die auch in die Gefährdungsbeurteilung einfließen.
Bei der Festlegung der Schutzmaßnahmen gilt auch bei Arbeitsmitteln das TOP-Prinzip. Zunächst müssen Gefährdungen durch technische Schutzmaßnahmen (T) vermieden werden (z. B. Einhausung einer Maschine). Hierbei ist immer der Stand der Technik zu berücksichtigen. Sofern sich danach eine Restgefährdung ergibt, sind organisatorische Maßnahmen (O) zu wählen (beim Transport einer Last mit einem Kran wird der Gefahrenbereich unter dem Kran gesperrt). Erst danach kommen personenbezogene Schutzmaßnahmen (P), wie das Tragen von Gehörschutz an einer Handkreissäge, in Betracht. Die Verwendung persönlicher Schutzausrüstung ist für jeden Beschäftigten auf das erforderliche Minimum zu beschränken.