Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Oft existieren in internationalen Konzernen ausgefeilte Arbeitsschutzmanagementsysteme, die in ihrem Anforderungsniveau manchmal weit über die in Deutschland gültigen gesetzlichen Forderungen hinausgehen. Das bietet vielfältige Ansätze, an die die Arbeitsschutzaktivitäten der deutschen Niederlassungen andocken können und sollten. Wenn auf Konzernebene z. B. eine detaillierte tätigkeitsbezogene Risikoanalyse vorliegt, dann sollte diese auch Grundlage der Gefährdungsbeurteilung für den deutschen Markt sein und kann nach Bedarf ggf. mit spezifischen deutschen Inhalten ergänzt werden. Ebenso ist es häufig erforderlich, auf Konzernebene international angesetzte Zielvorgaben oder Sicherheitskampagnen umzusetzen (z. B. Jahresthema "Verkehr" oder bestimmte Notfalltrainings).
Für die Arbeitsschutzberatung in der deutschen Niederlassung ist es also wichtig, alle relevanten Informationen auf Konzernebene zu kennen und auszuwerten. Oft gibt es auf Konzernebene größere H&S-Abteilungen oder H&S-Manager, die Arbeitsschutzverantwortung z. B. europaweit haben. Diese sind meistens im Ausland, z. B. am Hauptsitz ansässig und deshalb oft wenig präsent, aber durchaus in die Arbeit auf nationaler bzw. lokaler Ebene mit einzubeziehen. Diese Arbeit gilt es entlang der Konzernvorgaben zu entwickeln und parallel darauf zu achten, dass dabei die essenziellen deutschen Arbeitsschutzbestimmungen abgedeckt werden (vgl. Abschn. 3.1).
Auf keinen Fall sollte es dazu kommen, dass – vielleicht aufgrund von zu eng ausgelegten Rechtsvorgaben – für ein internationales Unternehmen auf deutschem Boden ein paralleles Arbeitsschutzsystem aus deutscher Sicht aufgebaut wird, das nicht ausreichend mit den Konzernstrukturen vernetzt ist. Ein solches System wäre intern sehr wenig glaubwürdig, von Führungskräften wenig akzeptiert und damit häufig so wenig effektiv, dass es auch den Anforderungen deutscher Aufsichtsbehörden nicht entsprechen kann.
Zum Beispiel Brandschutz ...
Für internationale Unternehmen haben grundsätzlich immer internationale Standards – und seien es die konzerneigenen – Priorität. Im Idealfall wäre das die beste Ausgangslage, auch ein sehr großes Unternehmen schlank und schnell reaktionsfähig zu halten. Natürlich ist es in allen Bereichen des Wirtschaftslebens so, dass nationale und regionale Spezifika es unmöglich machen, ein Unternehmen weltweit in allen Niederlassungen exakt gleich aufzustellen. Für internationale Unternehmen ist das ein fortwährender Spagat, der dazu führen kann, dass Anforderungen auf nationaler oder gar lokaler Ebene wenig aufgeschlossen begegnet wird. Besonders deutlich wird das in Deutschland beim baulichen Brandschutz. Die Frage, welche Brandschutzanforderungen ein Gebäude gleicher Bauart und Nutzung zu erfüllen hat, ist weitgehend von den Entscheidungen der lokalen Bauaufsichtsstellen abhängig, die sich wiederum nach den örtlichen Gegebenheiten, z. B. den Feuerwehrkapazitäten, richten. Für internationale Konzerne, die viele gleichartige Niederlassungen in diversen Ländern bzw. an unterschiedlichen Standorten innerhalb Deutschlands haben, wirkt das oft willkürlich und wenig nachvollziehbar.