Dipl.-Ing. Cornelia von Quistorp
Zusammenfassung
Arbeitsschutz ist immer noch ein Thema, das in Deutschland spezifisch "deutsch" gedacht und gelebt wird. Obwohl in den letzten Jahren viele Rechtsnormen vor allem unter EU-Gesichtspunkten harmonisiert wurden, ist der praktische Umgang mit allen Fragen rund um Sicherheit und Gesundheitsschutz bei der Arbeit also stark geprägt von auf nationaler Ebene entwickelten Denkansätzen und spezifisch deutschen Rechtsnormen, die von deutschen Aufsichtsbehörden überwacht werden. Entsprechend ist die Geschäftssprache im Arbeits- und Gesundheitsschutz i. d. R. deutsch, hier vor allem bei den Beratungen des Arbeitgebers durch Betriebsärzte und Fachkräfte für Arbeitssicherheit, im Arbeitsschutzausschuss sowie in Informationsmedien und Dokumentationen.
Andererseits gibt es als Folge des globalisierten Wirtschaftssystems immer mehr Niederlassungen internationaler Unternehmen in Deutschland, die Arbeits- und Gesundheitsschutz nach international gültigen Konzernregelungen strukturieren, personell multinational besetzt sind und als Geschäftssprache i. d. R. Englisch verwenden. Dessen ungeachtet müssen die in Deutschland geltenden Vorgaben für Aufsichtsbehörden nachvollziehbar abgebildet werden. Das bringt für alle betrieblich Zuständigen große Herausforderungen im kommunikativen, organisatorischen und juristischen Bereich mit sich.
Personen, die in Deutschland abhängig beschäftigt werden, unterliegen grundsätzlich den deutschen arbeitsrechtlichen Bestimmungen, zu denen auch die arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben in vollem Umfang gehören. Dabei spielt es keine Rolle, welcher Nationalität die Beschäftigten angehören. Ausnahmen gibt es in vergleichsweise seltenen Fällen, z. B. für Beschäftigte, die regelmäßig in verschiedenen Ländern arbeiten oder die für eine überschaubare Zeit von ausländischen Arbeitgebern für eine Tätigkeit nach Deutschland entsandt werden.
Dementsprechend gelten in nahezu allen Unternehmen auf deutschem Boden alle deutschen Arbeitsschutzvorgaben wie
Dementsprechend gilt für Arbeitnehmer ausländischer Konzerne in Deutschland in aller Regel auch die Pflicht zur gesetzlichen Unfallversicherung und damit die Vorschriften und Regeln der Berufsgenossenschaften.
Einige grundlegenden Rechtsnormen des deutschen Arbeitsschutzrechts liegen auf Englisch vor:
sowie einzelne weitere DGUV Vorschriften und Informationen.
1 Unternehmenskulturelle Unterschiede erkennen
Unternehmen, die international arbeiten, haben i. d. R. schon aufgrund ihrer Größe eine Struktur, in der Sicherheit und Gesundheitsschutz eine feste Größe darstellen (typisch als Health and Safety, kurz H&S bezeichnet, ggf. mit bestimmten Erweiterungen). Häufig haben sie international gültige, teils sehr hochgesteckte Zielvorgaben im Arbeitsschutz, z. B. auf höchster Ebene abgestimmte Verpflichtungserklärungen, genaues Monitoring von Unfallzahlen und Unterweisungen oder detaillierte sicherheitsbezogene Handlungsanweisungen für bestimmte Arbeitsvorgänge wie z. B. Dienstreisen, aber auch Alltagsvorgänge, wie den Transport von manuellen Lasten oder die Benutzung von Treppen.
Viele internationale Unternehmen legen außerdem großen Wert auf Compliance und möchten sicherstellen, dass alle als wesentlich erachteten rechtlichen Vorgaben und Standards eingehalten werden – möglichst weltweit. Daher haben sie grundsätzlich ein großes Interesse, dass neben den Konzernstandards auch die nationalen Vorgaben in den einzelnen Niederlassungen berücksichtigt und umgesetzt werden.
Nicht zuletzt haben oft sicherheitsbezogene Qualitätsstandards eine hohe Priorität.
In der Praxis geht es darum, aus dieser oft grundsätzlich positiven Ausgangslage ein gut funktionierendes Arbeitsschutzsystem für eine deutsche Niederlassung zu formen – und das ergibt sich oft nicht automatisch. Zu unterschiedlich sind die Unternehmensstrukturen, Denkansätze und Rechtssysteme und sehr unterschiedlich sind auch die Kompetenzen, Erfahrungen und Perspektiven der handelnden Personen.
Arbeitszeit
Schutzziele im Arbeitsschutz sind stark geprägt von z. T. jahrhundertealten Traditionen eines Landes bzw. einer Kultur. In Deutschland wie in ganz Europa gilt z. B. seit Langem als Konsens und gesicherte Erkenntnis, dass zu lange Arbeitszeiten dem Wohlbefinden und der Gesundheit abträglich sind. Dementsprechend gibt es rechtlich hochrangig abgesicherte Arbeit...