So gelingt der Schritt ins Ausland für Steuerberater
Wer als Steuerberater oder Steuerberaterin ins Ausland gehen möchte, hat dafür mehrere Optionen: So bieten nicht nur große Kanzleien internationale Karrierechancen, sondern auch kleinere Büros oder Solo-Selbstständige können heute vom Workation-Trend, also der Kombination von Arbeit und Urlaub, profitieren.
"Your global mindset can take you anywhere. Mobility challenges the way you experience the world. It unites, it opens your eyes, it builds understanding. It amplifies your unique perspective on our global stage. Multicultural thinking, teaming and working are at the heart of our shared success. Every cross-border and cross-service line experience we offer is an opportunity for you to learn, to lead, to innovate, to grow." Klingt das nicht großartig? Das Zitat ist einer Karriereseite von Ernst & Young entnommen und lässt einem mit dem Gefühl zurück, dass es nicht nur ganz einfach ist, smart durch die globale Sphäre zu surfen, sondern auch noch unendlich erfolgssteigernd.
Internationale Programme für Steuerberater bei den Big Four
Die Realität zeigt sich wie immer weniger blumig als der Marketingtext. So offerieren die Big Four zwar allesamt strukturierte internationale Programme mit passenden internen Stellenbörsen für kürzere und längere Auslandsaufenthalte. Die wesentlichste Hürde ist aber der jeweilige Partner, die jeweilige Partnerin, die einen Wechsel unterstützen muss, für den in der Regel auch ein passender Partner im Ausland gefunden werden muss. Eine mehrjährige Vorlaufphase ist daher nicht selten. Die Chancen und der Umfang der Unterstützung durch die Company hängt zudem stark von der Hierarchiestufe ab. So gibt es sogenannte "Global Mobility Packages", die fünfstellige finanzielle Unterstützung für den Umzug vorsehen und für den Anfang auch eine Wohnung stellen.
Das alles ist aber bei weitem auch in Großkanzleien alles andere als ein Selbstläufer, zumal auf den unteren Hierarchiestufen. So gilt es auch bei den Big Four als besonders erfolgversprechend, bereits im ersten Step selbst Partner im Ausland zu finden, die im Zielland im abgedeckten Fachbereich tätig sind und diese von sich zu überzeugen.
Mittelgroße Steuerkanzleien und internationale Netzwerke
Mit diesem Maß an Eigeninitiative ist es aber auch möglich, über eine ganze Reihe von mittelgroßen Steuerberatungskanzleien ins Ausland zu kommen. Etliche von ihnen haben sich internationalen Netzwerken angeschlossen, um global vernetzt zu arbeiten. Eines dieser Netzwerke ist zum Beispiel „agn international“ mit rund 90 deutschen Mitgliedskanzleien. Häufig geht es dann womöglich nicht unbedingt direkt nach New York oder Sydney, aber womöglich nach Prag oder Warschau.
Die Netzwerke selbst bieten keine Jobbörsen an, dafür internationale Trainings und Weiterbildungsmöglichkeiten und selbstverständlich die Kontakte zu Kanzleien – oder Unternehmen – im Zielland. Denn nicht allein Kanzleien, auch internationale Unternehmen suchen Steuerfachleute. Es lohnt sich daher, im Hinblick auf den Auslandseinsatz auch über die Anstellung als Syndikussteuerberaterin oder -steuerberater nachzudenken und auf diesem Weg zum Ziel zu kommen.
Workation für Steuerberater: Rechtliche Voraussetzungen
Möglicherweise gelingt es auch, den Arbeitgeber von einer längeren Workation-Phase zu überzeugen: Dabei wird im Prinzip die Arbeit im Homeoffice für einen vereinbarten Zeitraum an einen schönen Ort im Ausland verlegt. Laut aktuellen Studien fordert diese Möglichkeit in Deutschland inzwischen ein Drittel der Angestellten von ihren Arbeitgebern ein. Diese Zahl mag für die Steuerberatung hoch gegriffen sein, dennoch werben Kanzleien bereits genau damit oder bieten ihren Mitarbeitenden sogar ein Haus auf Mallorca für diesen Zweck.
Rechtlich sind die Voraussetzungen für Workation zumindest in der EU kaum andere als diejenigen, die für das Homeoffice gelten, das in vielen Fällen ja als "mobiles Arbeiten" qualifiziert wird, um Arbeitgeberpflichten hinsichtlich Ausstattung oder Arbeitsschutz zu minimieren. Wesentlich ist insbesondere, auf die Sozialversicherung zu achten.
Generell läuft diese für Angestellte während einer Workation normal in Deutschland weiter, sofern Workations nicht regelmäßig und nur innerhalb der EU sowie einigen weiteren europäischen Ländern stattfinden. Bei regelmäßigen Workations müssen nicht nur ein Anstellungsverhältnis bei einem deutschen Arbeitgeber sowie ein Wohnsitz in Deutschland vorliegen, sondern auch mindestens 25 Prozent der Arbeitsleistung in Deutschland erbracht werden. Außerhalb der EU entfalten verschiedene Abkommen Gültigkeit.
Selbstständigkeit als Steuerberater im Ausland: Herausforderungen und Chancen
Die größtmögliche Freiheit verspricht eine selbstständige Tätigkeit im Ausland – die nicht ganz einfach zu organisieren, aber durchaus möglich ist. An potenziellen Mandanten mangelt es nicht, da inzwischen ein großer Teil der deutschen Unternehmen in irgendeiner Form im Ausland engagiert ist – und in bestimmten Regionen auch wohl situierte deutsche Privatpersonen leben.
Die wichtigste Hürde ist in diesem Fall das Berufsrecht: Denn § 46 des Steuerberatungsgesetz (StBerG) besagt: "Die Bestellung ist zu widerrufen, wenn der Steuerberater oder Steuerbevollmächtigte seine berufliche Niederlassung in das Ausland verlegt, ohne dass ein Zustellungsbevollmächtigter mit Wohnsitz im Inland benannt worden ist. Name und Anschrift sowie jede Änderung der Person oder der Anschrift des Zustellungsbevollmächtigten sind der zuständigen Steuerberaterkammer unverzüglich mitzuteilen."
Berufsrechtliche Anforderungen für Steuerberater im Ausland
Nun gibt es Mittel und Wege, einen Zustellungsbevollmächtigten zu gewinnen und die deutsche Kanzleiadresse zu behalten. Umgekehrt ist außerdem zu beachten: Auch im Ausland ist die Berufsausübung teilweise an Zulassungen und Voraussetzungen geknüpft, wenngleich diese Märkte ungleich weniger stark reglementiert sind als in Deutschland. So gilt zum Beispiel in Spanien jeder als "Asesor Fiscal", der Privatpersonen oder Unternehmen bei der Erfüllung ihrer steuerlichen Pflichten unterstützt.
Steuerberaterinnen und Steuerberater finden sich daher etwa in Spanien in einer riesigen Bandbreite: Das Spektrum reicht von Personen ohne kaufmännische Ausbildung bis hin zu spezialisierten Rechtsanwälten und Rechtsanwältinnen. Insofern steht einer Kanzleigründung mit ausschließlich deutschem Examen und der Einarbeitung ins spanische Steuerrecht – zumindest aus Gründen des nationalen Berufsrechts vor Ort – nichts entgegen.
Möglich ist eine selbstständige Tätigkeit im Ausland selbstverständlich auch in Teilzeit, zum Beispiel im Rahmen einer Workation, um zunächst einmal im Zielland Fuß zu fassen. In diesem Fall gilt es, das Vorhaben mit dem Arbeitgeber abzustimmen. In jedem Fall gilt: Es führt mehr als ein Weg nach Rom, Andalusien und New York.
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