Tenor

1. Es wird festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis nicht durch die außerordentliche Kündigung vom 10.12.2007 fristlos aufgelöst wurde.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Die Kosten des Rechtsstreits haben der Kläger zu 62 % und die Beklagte zu 38 % zu tragen.

4. Der Streitwert wird auf 10.000 EUR festgesetzt.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten über die Wirksamkeit einer außerordentlichen hilfsweise ordentlichen Kündigung aus verhaltensbedingten Gründen.

Der am 20.03.1952 geborene, verheiratete Kläger ist bei der Beklagten seit dem 01.07.2004 als Mitarbeiter Vorfeldservice mit einem Bruttoentgelt von zuletzt 2.500 Euro beschäftigt.

Die Beklagte beschäftigt regelmäßig mehr als zehn Arbeitnehmer in Vollzeit, ausschließlich der Auszubildenden. Bei ihr ist ein Betriebsrat gebildet.

Die Hauptaufgaben eines Mitarbeiters Vorfeldservice bestehen im Lotsen und Einweisen von Flugfahrzeugen, in der Kontrolle von Flugbetriebsflächen und Abfertigungsnebenflächen zur Gewährleistung einer sicheren Betriebsdurchführung und der Flugsicherheit, in der Durchführung von Reibwertmessungen auf den Start- und Landebahnen etc. Für die Aufgabe „Kontrolle der Flugbetriebsflächen und Lotsendienste” existiert bei der Beklagten eine Prozessbeschreibung VB 4 vom 27.01.2005, in der unter dem Punkt „Überwachung der Flugbetriebsflächen” darauf hingewiesen wird, dass die Freigabe für Kontrollfahrten auf Rollwegen und Pisten durch den Tower DFS nach Anfrage durch Follow me mittels Funk erfolgt (Prozessbeschreibung VB 4 Bl. 58-61 der Akte).

Bei der Beklagten besteht mit der Deutschen Flugsicherung (DFS) eine Betriebsabsprache. Danach haben Personen und Fahrzeuge für Bewegungen auf dem Rollfeld eine Freigabe bei der Flugplatzkontrolle der DFS einzuholen. Ohne eine solche Freigabe, die der Koordination mit startenden und landenden Flugzeugen bedarf, hat ein Befahren des freigabepflichtigen Bereiches der Rollbahn zu unterbleiben (Anhang A der Betriebsabsprache Ziffer A 1.2.2., Blatt 37 der Akte). Die Betriebsabsprache zwischen der Beklagten und der DFS ist als Handbuch 97 Bestandteil des Handbuchs für Verfahrensanweisungen am Flughafen Berlin Schönefeld. Das Mitzeichnungsblatt Handbücher weist aus, dass der Kläger diese am 16.12.2004, 17.11.2005 und 02.03.2007 zur Kenntnis genommen hat (Blatt 55 der Akte).

Die Beklagte führt in regelmäßigen Abständen mit den Mitarbeitern des Vorfeldservice Sicherheitsbelehrungen über die Vorfeldordnung des Verkehrsflughafens Berlin Schönefeld durch. Die letzte Jahresunterweisung, an der der Kläger teilnahm, fand im Juni 2007 statt. Auf dieser Jahresunterweisung wurde unter anderem im Einzelnen die Vorfeldordnung mit der genannten Betriebsabsprache mit der DFS behandelt. Thema war dabei unter anderem, dass vor dem Befahren der Start- und Landebahn eine Freigabe durch die DFS zwingend einzuholen ist. Über die Jahresunterweisung wurde ein Protokoll gefertigt, das unter anderem vom Kläger unterzeichnet wurde (Blatt 53/54 der Akte).

In einer Arbeitsanweisung Nr. 84 wies die Beklagte die Mitarbeiter Vorfeldservice darauf hin, dass Baufortschritt und Bauablaufplan gegenüber einem sicheren Flugbetrieb nachrangig sind.

Am 27.11.2004 erfolgte durch den Abteilungsleiter Herrn B.xxx eine schriftliche Anweisung an alle Mitarbeiter des Vorfeldservice, die Kontrollfahrten auf den Flugbetriebflächen nicht als Routinetätigkeit anzusehen, sondern diese mit dem gebührenden Ernst durchzuführen.

Am 27.11.2007 begann der Kläger seine Tätigkeit um 16.00 Uhr. An diesem Tag war die südliche Start- und Landebahn aufgrund von Bauarbeiten gesperrt. Der Flugverkehr wurde über die Nordbahn abgewickelt. Ab 22.00 Uhr sollte die Südbahn wieder für den Flugverkehr freigegeben werden, die Nordbahn sollte ab 22.01 Uhr geschlossen werden. Dies war durch NOTAM Aushang in den Diensträumen des Vorfeldservice bekannt gegeben worden.

Der Kläger führte am 27.11.2007 von 20.30 Uhr bis 21.45 Uhr zusammen mit dem Verkehrsleiter Herrn S.xxx die Abnahme der Baustellen Südbahn durch. Seine Aufgabe war dabei entsprechend der Arbeitsanweisung Nr. 95 und der dazugehörigen Checkliste die Überführung der Südbahn vom Baubetrieb in den aktiven Flugbetrieb vorzubereiten.

Im Zuge dieser Arbeiten stellten der Kläger und der Verkehrsleiter Herr S.xxx um 21.15 Uhr fest, dass eine von acht Baustellen nicht abgenommen werden konnte und der Kläger eine Nachkontrolle vornehmen musste. Nach nochmaliger Kontrolle der südlichen Start- und Landebahn kurz vor 22.00 Uhr befuhr der Kläger sodann mit dem Follow me Fahrzeug 530 den TWY E in Richtung Ramp 3. Hierbei kreuzte er um 21.58 Uhr ohne Anmeldung und Freigabe durch die DFS die sich noch im aktiven Flugbetrieb befindliche Nordbahn 25 R/07L. Die gesamte Fahrt des Klägers im Follow me Fahrzeug 530 einschließlich des Kreuzens der Nordbahn wurde durch das im Fahrzeug befindliche GPS-System aufgezeichnet. Die DFS meldete eine Runway incursion, das heißt ein unerlaubtes Kreuzen einer Start- und Landebahn.

Nach dem Tagesflugplan DEP vom ...

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