Entscheidungsstichwort (Thema)

Kündigung, außerordentliche. Kündigung Verspätung

 

Leitsatz (redaktionell)

Das Zuspätkommen des Arbeitnehmers aufgrund einer Autopanne stellt trotz vorheriger Abmahnungen wegen Zuspätkommens keine beharrliche Arbeitsverweigerung dar.

 

Normenkette

BGB § 626 Abs. 1

 

Verfahrensgang

ArbG Trier (Urteil vom 24.10.2007; Aktenzeichen 4 Ca 901/07)

 

Tenor

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Arbeitsgerichts Trier vom 24.10.2007 – 4 Ca 901/07 – wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

2. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Parteien streiten im Berufungsverfahren noch um die Rechtswirksamkeit einer gegenüber dem verstorbenen Vater der Klägerin ausgesprochenen fristlosen Arbeitgeberkündigung. Der Arbeitnehmer W. war seit 15.03.1971 bei der Rechtvorgängerin der Beklagten zunächst als Einkäufer und später bei der Beklagten in der Buchhaltung beschäftigt. Zuletzt betrug sein Bruttoverdienst 4.586,77 EUR. Die Modalitäten des Arbeitsverhältnisses wurden im schriftlichen Arbeitsvertrag vom 17.06.1986 bzw. 13.08.1987 festgehalten. Im Betrieb besteht ein Betriebsrat. Das Arbeitsverhältnis verlief bis zum Jahre 2000/2001 störungsfrei. Der Kläger erlitt einen Schlaganfall. Es kam Ende Mai 2002 zu einer Umsetzung in ein vereinzeltes, später in die untere Etage verlagertes Büro. Mit dem Kläger wurden im Jahr 2004 Verhandlungen über ein Teilzeitarbeitsverhältnis geführt, sie führten nicht zu einer Einigung.

Die Beklagte erteilte mit Datum vom 24.05.2007 dem Kläger drei schriftliche Abmahnungen, in welchem sie verspätete Arbeitsaufnahme rügte bzw. zwei festgestellte Störungen durch Schlafen am Arbeitsplatz am 27.03.2007 und am 07.05.2007. Die Einzelheiten der Abmahnung sind aus dem Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 24.10.2007 ersichtlich.

Im Betrieb besteht seit 1997 eine Gleitzeitregelung, wonach zwischen 7.00 Uhr und 9.00 Uhr morgens die Arbeit aufgenommen werden muss und ab 9.00 Uhr Kernzeit ist. Der Arbeitnehmer erschien wiederum zweimal verspätet zur Arbeit. Am 22.06.2007 mit 41 Minuten Verspätung 9.41 Uhr statt 9.00 Uhr. Der Arbeitnehmer hatte gegen 8.43 Uhr angerufen und mitgeteilt, sein Auto springe nicht an, er komme später. Am 28.06.2007 erschien er etwa gegen 10.00 Uhr, nachdem er laut ärztlicher Bescheinigung gegen 8.52 Uhr in der Arztpraxis V. einen Blutquicktest hat durchführen lassen. Dem Geschäftsführer war der Praxisbesuch am Vortag mitgeteilt worden. Die Arztpraxis in B-Stadt öffnet morgens gegen 8.00 Uhr.

Nachdem die Beklagte den Betriebsrat zur fristlosen, hilfsweise ordentlichen Kündigung angehört hatte, am gleichen Tag ein Schreiben des Betriebsrates, mit dem er der Kündigung zustimme, erhielt, hat sie das Arbeitsverhältnis außerordentlich, hilfsweise ordentlich zum 31.01.2008 gekündigt.

Der Arbeitnehmer hat erstinstanzlich vorgetragen, die wegen vermeintlichen Schlafens am Arbeitsplatz erteilte Abmahnung sei unberechtigt, er könne für seine Atemwegserkrankung nichts und es seien keinerlei Leistungseinbußen eingetreten. Die Abmahnungen wegen Unpünktlichkeit seien hinfällig, weil sie erheblich später erteilt worden sei. Im Übrigen sei ihm auch nach Einführung der Gleitzeit noch gestattet gewesen, seine Arbeitszeit in gewisser Weise selbständig festzulegen. Schließlich fehle es für die beiden letzten Verspätungen an jedem Verschulden. Am 22.06.2007 sei sein Wagen nicht angesprungen, er habe mit einem Fremdstarter in Gang gebracht werden müssen. Der Praxisbesuch am 28.06.2007 sei unvermeidlich gewesen.

Der Arbeitnehmer hat, soweit für das Berufungsverfahren noch von Bedeutung, beantragt,

festzustellen, dass das Arbeitsverhältnis der Parteien durch die fristlose Kündigung der Beklagten nicht mit sofortiger Wirkung aufgelöst wurde.

Die Beklagte hat beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat vorgetragen,

die Kündigung sei wegen beharrlichen Zuspätkommens gerechtfertigt.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes erster Instanz wird auf den Tatbestand des Urteils des Arbeitsgerichts Trier vom 24.10.2007 Bezug genommen.

In diesem Urteil hat das Arbeitsgericht der Klage gegen die außerordentlichen Kündigung entsprochen und die weitergehende Klage abgewiesen. Im Wesentlichen hat es ausgeführt, für eine ausnahmsweise in Betracht kommende fristlose Kündigung müssten Umstände gegeben sein, die die Beharrlichkeit und Intensität der mit dem Verspäten verbundenen Arbeitsverweigerung unerträglich erschienen ließen. Dies könne aus der Anzahl der wiederholt vorgekommenen und dann mehrfach abgemahnten Verspätungen herrühren und aufgrund der mit den wiederholten Verspätungen eingetretenen besonderen betrieblichen Störungsfolgen. Im vorliegenden Falle seien weder Häufigkeit von Verspätungen und Abmahnungen noch aufgrund besonderer Störungen infolge der Verspätungen unerträgliche Umstände gegeben, die nicht wenigstens die Aufrechterhaltung des Arbeitsverhältnisses für die Dauer der Kündigungsfrist zumutbar erscheinen ließen. Der Arbeitnehmer sei zwar häufig und auch...

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